© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/09 13. März 2009

Kolumne
Tummelplätze des Alarmismus
Rolf Dressler

Man müsse den Leuten nur fortwährend diffuse Ängste einflößen, dann könne man ihnen praktisch alles abnötigen – und vor allem wohl immer noch mehr Steuern und Abgaben aus der Tasche ziehen. Das schreibt Grünen-„Übervater“ Joseph alias Joschka Fischer hübsch unverblümt in seinem Buch „Für einen neuen Gesellschaftsvertrag“, erschienen 1998.

Diese Handlungsleitschnur haben sich inzwischen leider sogar auch Zeitgeistreiter bis hinein in die Reihen der bürgerlichen Parteien zu eigen gemacht. Selbst Kanzlerin Angela Merkel ist mit von der Partie. Obwohl sie es als Naturwissenschaftlerin besser wissen sollte und sicherlich auch besser weiß, verkündet sie dem Laien-Publikum allen Ernstes, der Mensch könne zum Wohle eines „Globalklimas“, das es weder gibt noch je geben wird, den Anstieg einer gleichfalls rein fiktiven „Globaltemperatur“ mit vereinten Kräften auf zwei Grad Celsius begrenzen (warum gerade zwei Grad?).

Aber auch auf anderen Tummelplätzen hat der Alarmismus Konjunktur. Mit freundlicher Unterstützung der meisten Medien zelebriert die Politik einträchtig das Schauerbild von der angeblichen „Rentnerdemokratie Deutschland“.  Es ist, als wollte sie ganz gezielt den Jüngeren einreden, daß sie ihre Zukunft schon heute hinter sich hätten.

Mitnichten jedoch müssen sich die Generationen von heute, morgen und übermorgen unrettbar dem Schicksal eines Niedergangs anheimgeben. Im Gegenteil. Deutschland ist im Weltvergleich (immer noch) unermeßlich reich und so chancenreich wie nur wenige andere sonst. Unsere Mittel und Möglichkeiten eröffnen Horizonte, wie man sie auf der unruhigen Erde zwar sehnlichst erträumt, aber wohl kaum je wirklich erreichen wird.

Rentnerdemokratie? Solche Kampfbegriffe sind ideologisch befeuerte Gruseldemagogie, sollen offenbar Unfrieden stiften zwischen Jung und Alt. Naturgemäß können unsere Kinder und Kindeskinder nicht schon Jahrzehnte im vorhinein Gewißheit darüber haben, auf welche Renten sie dereinst werden rechnen dürfen. Diese Vorstellung, nicht nur von linken Süppchenköchen genüßlich angerührt, ist ganz einfach wirklichkeitsfern, weil des Menschen Dasein nun einmal in Kurven und unter immer neuen Schwankungen verläuft – hausgemacht die einen, unvorhersehbar und daher unwägbar die anderen. Warum nur können nicht wenigstens die bürgerlichen Parteien davon ablassen, auf der schrillen Klaviatur der Angsttreiberei mitzuklimpern?

 

Rolf Dressler war langjähriger Chefredakteur beim Westfalenblatt in Bielefeld und ist nun freier Journalist.

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