© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/09 06. März 2009

Leserbriefe

Zu: „‘Das ist eine Verhöhnung der Opfer’“ von Paul Leonhard, JF 9/09

Das Maß geistiger Gesundheit eines Landes

Jegliches Opfergedenken war und ist für alle Zeiten und bei allen Nationen politische Demonstration. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob ein Schweigemarsch stattfindet, die Gedenkveranstaltung demonstrativ in einer Synagoge abgehalten wird oder ausgelassenes Treiben angesagt ist. Ob man wie die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland an den kriegsverbrecherischen Charakter der Flächenbombardements der Briten auf Dresden erinnern möchte, oder wie Linkspartei, Franz Müntefering und Claudia Roth dieses Ereignis mit Popkonzerten begeht – man drückt damit seine politische Haltung aus. Das ist kein Indiz fehlender politischer Gesundheit dieses Landes.

Wenn man ein Mindestmaß an nationaler Haltung zum Maß geistiger Gesundheit eines Landes macht, was der Autor wohl zu Recht meint, dann ist nur das Ausmaß der antinationalen Bekundungen bemerkenswert. Es gibt wahrscheinlich nicht viele Staaten, wo an einem solchen Tag der Vorsitzende einer Regierungspartei ein Popkonzert für angemessenes Gedenken hält und die Teilnehmer der Veranstaltung, die bedauerten, daß es nicht mehr Opfer gab, nach Tausenden zählen.

Ronald Schroeder, Leubsdorf

 

 

Zu: „Feindselige Einwände“ von Doris Neujahr, JF 10/09

Gewahrwerden der Verletzung

Der schwelende Konflikt um Erika Steinbach ist Symptom des politisch korrekt als geklärt bezeichneten, psychologisch aber offensichtlich belasteten Verhältnisses zwischen Polen und Deutschen.

In der individuellen Traumatherapie geht es sukzessive immer wieder um das Gewahrwerden der Verletzung, nicht um Verdrängung oder Verrechnung. Kollektiv – also zwischen Polen und Deutschen – ist, mit aller gebotenen Relativierung, ähnliches vonnöten.

Wir müssen in Europa einen Konsens finden, ab wann auf diesem Kontinent Vertreibungen und Gebietsabtretungen nicht mehr legitimes Mittel von Politik sein sollen: seit dem Balkankonflikt, der Kosova-Sezession? Oder doch, einen Wimpernschlag der Geschichte zurück, vor 60 Jahren schon?

Solange solche Fragen nicht im menschlichen Miteinander, im Verständnis für die Traumata beider Seiten, beantwortet sind, solange sitzen, man mag es bestreiten oder nicht, viele Polen in den neuen Westgebieten ihres Landes innerlich immer noch auf „gepackten Koffern“, in Furcht vor revanchistischen Geistern, die es so ernsthaft nicht mehr gibt, und schnell die „Kriegsschuld“-Keule schwingend, um sich selbst zu rechtfertigen.

Die jungen Polen gehen, wie ich es in Seminaren erleben konnte, erfrischend anders als die Älteren mit diesem dunklen gemeinsamen Geschichtskapitel um und fragen weniger nach unverfänglichen kulturellen Daten, sondern offen: „Wie fühlt ihr Deutschen euch mit der Vertreibung, wie geht ihr mit eurer Trauer um? Können wir uns vertrauen?“

Dr. Klaus Neumann, München

 

 

Zu: „Gerechtigkeit für Eltern und Kinder!“ von Hermann Adrian, JF 9/09

Kostet uns fünf Milliarden Euro

Was die soziale Gerechtigkeit und die politischen Fehlkonstruktionen betrifft, zwei Beispiele: Im bilateralen Krankenkassenvertrag mit der Türkei (siehe Bundesgesetzblatt) sind Eltern und Großeltern von hier lebenden Türken mitversicherte Personen, für die wir jährlich um die fünf Milliarden Euro mitzahlen, dazu die versicherungsfremden Leistungen. Nach Urteil des Bundessozialgerichtes ist für die Zweitfrauen eingewanderter Moslems ebenfalls die volle Witwenrente zu zahlen! Im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes sollte der Gesetzgeber Personen ohne Kinder mit einem Renten- oder Pensionsabschlag von 25 Prozent belegen. Natürlich zugunsten der Kinderreichen.

Armin Garstka, Karlsruhe

 

Konsequenzen ausgeblendet

So richtig die Analyse in sich auch sein mag, sie zeigt nur eine Seite der Medaille, denn sie gilt nur für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse insbesondere des ersten Arbeitsmarktes. In Deutschland beträgt die Arbeitslosenquote knapp 14 Prozent, und etwa 40 Prozent der ungelernten Erwerbstätigen sind nur noch geringfügig beschäftigt.

So gilt für Berlin, daß die Zahl der ausländischen Sozialhilfeempfänger fast dreimal so hoch ist wie die der deutschen Hilfeempfänger. Bei den erwerbsfähigen Türken hat nur jeder zweite Arbeit. Im Berliner Bezirk Mitte liegt die Sozialhilfedichte bei 60 Prozent. Damit wird Sozialhilfe für immer größere Bevölkerungsgruppen, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance haben, zur Dauer­alimentation.

Vor diesem Hintergrund ist die vorgelegte Analyse im wesentlichen verengt, weil zunächst sämtliche sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, ob kinderlos oder nicht, benachteiligt werden. Durch diese Beschäftigten und eine zunehmende Verschuldung des Staates wird das Sozialsystem in erster Linie finanziert. Die ethnischen Konsequenzen werden in der Analyse vollständig ausgeblendet.

Dr. Roland Mackert, Sachsenheim

 

 

Zu: „Eine Kernzelle ohne Lobby“ von Dieter Stein, JF 9/09

Homo Oeconomicus

Im Gegensatz zur Bundesregierung, speziell Ministerin von der Leyen, ist die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ehrlich. Sie will Frauenerwerbstätigkeit und fordert, alles, was dem entgegensteht, zu schleifen, vor allem das Ehegattensplitting. Da macht Karlsruhe nicht mit, also wird man vermutlich die kostenlose Mitversicherung des Partners bei der gesetzlichen Krankenversicherung abschaffen – das läßt sich mit Kopfpauschale oder Bürgerversicherung erreichen. Wenn alles scheibchenweise geht, wird der ohnehin laue Protest gering ausfallen. Von „Wahlfreiheit“ wird nicht mehr geredet, es geht nur noch um „Vereinbarkeit“ von Familie und Beruf. Und ob nun Krise oder Boom, die Wirtschaft diktiert; wir erleben den Wandel vom homo sapiens zum homo oeconomicus.

Jens-Kristian Geißler, Berlin

 

 

Zum Schwerpunktthema: „Ein Volk will frei sein“, JF 9/09

In zeitgemäßer Reflexion

Das Andreas-Hofer-Gedenkjahr wird mit einer großen Zahl von Veranstaltungen begangen. Und wie es im ORF vor kurzem eher bedrohlich hieß, „natürlich in zeitgemäßer Reflexion“. Was dabei nur herauskommen kann, kann man sich unschwer ausmalen. Eines ist sicher, Hofer wird nicht als „deutscher“ Freiheitskämpfer dargestellt werden. Vielleicht findet sich auch noch rasch ein Dichterling, der die Verse aus dem Hofer-Lied „Es blutete der Brüder Herz, ganz Deutschland, ach in Schmach und Schmerz“ und „Da rief er laut: „Gott sei mit euch, mit dem verrat’nen deutschen Reich“ zeitgemäß austrifiziert.

Wie denn auch die Linie Südtiroler-Tiroler-Österreicher-Deutscher zwar noch von vielen Südtirolern als selbstverständlich angesehen wird – obwohl sie in bundesdeutschen Gazetten herabsetzend nicht als deutsche, sondern als deutschsprachige Minderheit bezeichnet werden.

Hans Daxer, Marquartstein

 

 

Zu: „Spielball zwischen Kiew und Moskau“ von Martin Schmidt, JF 9/09

Der Landstrich um Munkatsch

Der seltsame Name, den Sie nebenbei anführen – Unter-Karpathische Rus – leitet sich von der früher (von 1919 bis 1938) in der Tschechoslowakischen Republik (ČSR) gebräuchlichen tschechischen Bezeichnung „podkarpatská rus“ ab.

Ich möchte Sie ferner auf einen kleinen Fehler im Text hinweisen, denn da ist vom „Landstrich um Munkatsch“ die Rede, „der kurzzeitig die volle Autonomie“ erhielt. Dem Autor scheint nicht bekannt zu sein, daß Munkatsch (neben der Gebiets-Hauptstadt Uschgorod) bereits einen Monat nach Gewährung der Territorial-Autonomie (die dem Gebiet, genauso wie der Slowakei, innerhalb der ČSR Anfang Oktober 1938 zugestanden wurde) durch den ersten deutsch-italienischen Wiener Schiedsspruch im November 1938 an Ungarn gefallen ist. Den Autonomie-Status genossen danach bis Mitte März 1939 nur die noch bei der ČSR verbliebenen Teile der Karpatho-Ukraine, deren Hauptstadt nun in die Stadt Chust verlegt wurde.

Arnulf Tobiasch, Fürth

 

 

Zu: „Ostfriesische Windmühlen“ von Wolfhard H. A. Schmid, JF 9/09

Schlecht für alle Stromkunden

Die Irrealisten der Regierung schwärmen derzeit von den Offshore-Wind-Industrieanlagen im Nationalpark Wattenmeer. Sie behaupten sogar, daß der Wegfall der Kernenergie kompensiert werde. Auf Kosten der Steuerzahler werden Milliarden Euro für die Vorbereitung dieser Projekte verplant.

Hier wird gerne der Vergleich mit Dänemark herangezogen. Aber ein Land mit 5,5 Millionen Einwohnern kann kein Maßstab für ein Land mit über 82 Millionen sein. Dänemark ist kein Industrieland, es hat keine Stahlproduktion, keine Großchemie und keine Autoindustrie. Die Strompreise Dänemarks waren 2006 mit 23,86 Cent/Kilowattstunde die höchsten in ganz Europa. Das führte zu der Erkenntnis, die Überförderung unsteter Energien (Wind) zu halbieren. Seitdem sind die Energiepreise dort wieder normal.

Die Windindustrie des Landes hat sich nun auf Deutschland konzentriert. Schlecht für alle Stromkunden, seien es die Haushalte, sei es die Industrie, deren Arbeitsplätze von Energiepreisen abhängen. Die Kostenprognosen sind niederschmetternd.

Rolf Ihsen, Enger

 

 

Zu: „‘Williamson gab das Interview spontan’“, Interview mit Pater Niklaus Pfluger, JF 9/09

II. Vaticanum auf den Prüfstand

Da wagen sich auch deutsche Kardinäle wie Lehmann und Kasper aus der Deckung und formulieren harsche Kritik am Oberhaupt ihrer Kirche. Die Absicht dürfte klar sein: Zusammen mit dem Angriff gegen Pius-Bruderschaft und Papst will man die „Errungenschaften“ des Zweiten Vatikanischen Konzils der längst fälligen kritischen Diskussion entziehen, sie gewissermaßen konservieren. Zu hoffen ist, daß dies nicht gelingt und das II. Vatikanum auf den Prüfstand kommt. Es wäre ein großes Plus, wenn die jetzige Auseinandersetzung um die Pius-Bruderschaft als Initialzündung wirkte.

Prof. Dr. Bert Küppers, Freilassing

 

 

Zu: „Der Super-Vatikan“ von Thorsten Hinz, JF 8/09

Ketzer und Volksverhetzer

Wer im Mittelalter Ansichten vertrat, die von den Vorgaben der katholischen Kirche abwichen, wurde von der Inquisition heimgesucht. Heute ist es die katholische Kirche selbst, die sich vor den Inquisitoren der zur Zeit mächtigeren Religion namens Holocaust zu rechtfertigen hat. Was einst der Ketzer war, ist heute der Volksverhetzer. Wer seine Gotteslästerung nicht widerruft und um Vergebung fleht, wird gebrandmarkt und kann sich eine weitere politische Karriere abschminken (siehe Hohmann). Wer hingegen mit Steinen auf Polizisten wirft, kann sogar Außenminister mit Rebellenantlitz werden.

Die letzten zwei Diktaturen in unserem Land sollten uns gelehrt haben, daß niemand das Recht hat, Meinungen zu verbieten. Eine Demokratie muß jede Meinung, sei es die Erdscheibentheorie, die Mond­landungs­verschwörung oder die Leugnung eines Völkermords, aushalten.

Jens Skarabis, München

 

Wo der Anfang, wo das Ende?

Der eigentliche Skandal scheint mir ganz woanders zu liegen. Da wird ein britischer Bischof juristisch verfolgt, dessen einziges Vergehen es war, eine abwegige Meinungsäußerung getan zu haben. Ein Rechtsstaat definiert sich in erster Linie über die Meinungsfreiheit. Auch die hat ihre Grenzen. Die liegen genau dort, wo jemand beleidigt wird oder die Äußerung einen Aufruf zur Gewalt beinhaltet. Erkennt ein Land diese natürlichen Grenzen nicht an und gestattet es seinen Politikern künstliche, man könnte auch sagen, willkürliche Grenzen zu ziehen: Wo ist der Anfang? Wo das Ende? Welche Meinungen soll man verbieten? Die Grenzen zur Diktatur sind fließend!

Die schwülstigen Begründungen von der Meinungsfreiheit als eingeschränktes Grundrecht, welche wir von Politikern und deren Hofberichterstattern so oft zu hören bekommen, könnten wortgetreu von Ulbricht, Honecker und deren Handlanger von Schnitzler stammen.

Stephan Zankl, München

 

 

Zu: „Stunde der Heuchler“ von Gabriele Kuby, JF 8/09

Sie verteidigen den Glauben

In der Kolumne von Gabriele Kuby, die schreibt, der Papst wollte die Bruderschaft nur „aus ihrem rechthaberischen, rechten Schmollwinkel herausholen“, bin ich über diese doch sehr oberflächliche, offensichtlich wenig recherchierte Aussage sehr erstaunt. Die Bruderschaft sitzt keineswegs in einem Schmollwinkel, sondern sie handelt so, wie es ihr Gewissen verlangt. Sie verteidigt das „depositum fidei“, und das ist nicht weniger als das überlieferte Glaubensgut.

Ihr zentrales Anliegen ist die Verteidigung und Erhaltung der überlieferten Heiligen Messe, in der sich der seit den Aposteltagen überlieferte katholische Glaube in unnachahmlicher Weise verdichtet hat. Um nichts weniger geht es.

Berta Böhm, Grabenstätt

 

 

Zu: „Wir brauchen keinen Gott“ von Wolfgang Witt, JF 8/09

Aus Massenhypnose erwachen

In der bedeutenden Frage der Vererbung irrte Darwin und zwar gewaltig, auf die Frage nach der Entstehung des Lebens hat er zwar ein wenig gestammelt (man könnte sich vorstellen, daß ...), doch im Prinzip glaubte er wie sein hochmütiger Jünger Ernst Haeckel, daß die Zelle „einfach ein kleiner Klumpen einer eiweißhaltigen Kombination aus Kohlenstoff“ sei, kaum zu unterscheiden von einem Wackelpudding. Erhielte Darwin posthum eine gerechte Würdigung für solche Art Erkenntnis, dann für selten erreichte Wissenschaftsferne.

Der Auslesemechanismus soll Darwins epochaler, genialer Gedanke gewesen sein, geeignet, die Entstehung der Arten zu erklären. Doch der Dümmste sieht sofort ein (Evolutionsbiologen und Journalisten seien ausgenommen), daß die Selektion nur verwerfen, töten, vernichten kann. Niemand bestreitet, daß sie im Bereich des horizontalen Artenwandels (Finken der Galapagosinseln) eine Rolle spielt; aber im Bereich vertikaler Höherentwicklung (Reptilschuppe zu Vogelfeder) einen genetischen Funktionszuwachs erbringen, das kann sie nicht.

Die Entstehung des Lebens ist unbekannt. Der Fossilbericht ist trotz großer Mengen an Funden enttäuschend. Die Makroevolution (Höherentwicklung) ist nicht experimentell belegt. Trotz gegenteiliger Behauptung gilt noch immer, was der große Forscher Louis Pasteur nachwies: „Lebendes entsteht nur aus Lebendem

Fritz Poppenberg, Berlin

 

 

Zu: „Forschung auf Bestellung“ von Hans Joachim von Leesen, JF 7/09

Für die Dresdner gilt das nicht?

Meine Familie und ich sind am 14. Februar 1945 nach dem zweiten Luftangriff auf Dresden blindlings wie verängstigte Tiere aus dem Keller unseres brennenden vierstöckigen Hauses auf die Straße gelaufen, wo wir von den herunterbrechenden Balkonen noch hätten erschlagen werden können. Diese kopflose Flucht hat uns das Leben gerettet. Die meisten Bewohner unseres Stadtviertels, der Südvorstadt am Hauptbahnhof, verharrten im Keller, viele auf den Knien vor Gott, und sind teils verbrannt, teils an giftigen Kohlegasen erstickt. Jahrelang lag über ganz Dresden eine Mischung aus Brand- und Verwesungsgeruch. Wer hat diese Toten gezählt? Wer heute Totenzahlen herunterrechnet, macht sich strafbar. Gilt das für die Dresdner Toten nicht?

Prof. Dr. Ruth Römer, Gütersloh

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