© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/09 27. Februar 2009

Meldungen

„Geld im Überfluß wird spekulativ investiert“

PARIS. Der französische Bevölkerungswissenschaftler Emmanuel Todd, der schon 2002 in seinem Buch „Weltmacht USA: Ein Nachruf“ die derzeitige Krise vorausgesagt hat, hält die Banken und die Investmentberater nicht für die Hauptschuldigen an dieser Entwicklung. „Banker sind Menschen – nicht gut, nicht böse –, und sie suchen für das Investment die höchste Rendite“, erklärte Todd in der Zürcher Weltwoche. „Die Reichen wurden reicher, die Einkommen der Mittelschicht in den führenden Industriestaaten stagnieren. Wer tausendmal mehr verdient als der Durchschnitt, konsumiert nicht tausendmal mehr. Wenn soviel Geld im Überfluß da ist, wird es spekulativ investiert“, erläuterte der Wissenschaftler vom Pariser INED-Institut. „Hinzu kam die billige Geldpolitik der amerikanischen Notenbank. Sie kam einer kostenlosen Geldverteilung gleich.“ Die USA hätten sich von einer produktiven in eine konsumierende Nation verwandelt. Dies sei durch Verschuldung und die ungeheuren Summen, die an die Wall Street flossen, finanziert worden. „Mit diesem Geld finanzieren die Amerikaner den Konsum von Gütern, die sie überall in der Welt kaufen“, so Todd. Die Steigerung der Börsenkapitalisierung in den USA habe schon 2002 in keinem Verhältnis mehr zum realen Wachstum der Wirtschaft gestanden: „Die Blase mußte platzen.“

 

„Euro kann problemlos um 50 Prozent fallen“

Löwen. Der flämische Währungsexperte Paul de Grauwe hält die wachsenden Spannungen in der Euro-Zone durch die Defizit-Länder Griechenland, Irland, Italien und Spanien für beherrschbar. „Ich glaube nicht an diese Untergangsszenarien“, erklärte der Ökonom von der Katholischen Universität Löwen (Leuven) im Wiener Profil. „Ein Kollaps des Euro bedeutet nicht mehr, als daß er abwertet.“ Das würde aber den Export beflügeln. „Der Euro kann ohne Probleme 50 Prozent gegenüber dem Dollar fallen“, so de Grauwe, „die Produktion wird billiger, es entstehen Arbeitsplätze, die Wirtschaft kommt wieder in Schwung.“ Es sei auch nicht denkbar, daß ein Euro-Land bankrott gehe, denn „davor würden die anderen Staaten einspringen“. Würde etwa Spanien zahlungsunfähig, dann gibt es sicherlich „französische Banken, die spanische Staatsanleihen halten. Und diese Banken gehen dann zu ihrer Regierung und werden gerettet“, meinte de Grauwe.

 

Isländische Fischer dürfen 250 Wale fangen

ReykjavÍk. Trotz internationaler Proteste dürfen isländische Fischer in diesem Jahr 250 Wale fangen. Das kündigte vorige Woche der neue links-grüne Fischereiminister Steingrímur Sigfússon an. Er bestätigte damit die ursprünglich von seinem wirtschaftsliberalen Amtsvorgänger Einar Guðfinnsson beschlossene Quote, nach der bis 2014 jährlich 150 der gefährdeten Finnwale und 100 Zwergwale erlegt werden dürfen. Sigfússon verkürzte lediglich die Laufzeit der Quote auf ein Jahr. „Die neue Walfangquote ist absurd“, kritisierte Andreas Dinkelmeyer vom Tierschutzverband IFAW. „Die Lagerhallen sind voll mit Walfleisch, auch in Japan, dem einzigen Markt für Walfleischexporte für Island. Hinzu kommt, daß die gefährdeten Walarten sich bis heute nicht vom Walfang im großen Stil erholt haben“, so der Walexperte.

 

Zahl der Woche

56,8 Milliarden Euro hat die deutsche Wirtschaft 2008 für Forschung und Entwicklung ausgegeben – das waren nur 1,77 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Schweden lag mit 2,64 Prozent an der Weltspitze, gefolgt von Japan (2,62), Finnland (2,45), Südkorea (2,49) und der Schweiz (2,14). (Quelle: Stifterverband)

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