© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/09 27. Februar 2009

Im Tal der Tränen
NPD: Die Partei steht angesichts einer existenzbedrohenden Finanzaffäre und eines erbitterten Machtkampfs um den Vorsitz vor der Zerreißprobe
Felix Krautkrämer

Die NPD steckt in der größten Krise der vergangenen Jahre. Die immer noch nicht ausgestandene Finanzaffäre um den ehemaligen Bundesschatzmeister Erwin Kemna und ein aus dem Ruder laufender Machtkampf um die Führung (JF 3/09) legen die Vermutung nahe, daß sich die Forderungen nach einem NPD-Verbot demnächst von selbst erledigen könnten.

Beide Komplexe, Finanzaffäre und Führungsstreit, sind eng miteinander verbunden. Die Veruntreuung von Parteigeldern und weitere finanzielle Ungereimtheiten nutzen die Gegner von Parteichef Udo Voigt als Vorlage, um lautstark dessen Rücktritt zu fordern. Und es scheint, daß Voigts Stand immer schwerer wird, auch wenn er immer wieder beteuert, nichts mit den Machenschaften seines ehemaligen Schatzmeisters zu tun zu haben. So mußte die NPD vergangene Woche einräumen, daß ihr Rechenschaftsbericht für das Jahr 2006 Fehler enthalte. Die Partei selbst spricht von falsch ausgewiesenen „Verbindlichkeiten gegenüber Darlehensgebern“, andere von verschwundenen Spenden in Millionenhöhe. Wie auch immer, der ohnehin finanziell am Abgrund stehenden NPD drohen nun nicht unerhebliche Rückzahlungsforderungen seitens der Bundestagsverwaltung.

Dennoch ging Voigt am Ende der vergangenen Woche gestärkt aus dem Kampf um die Parteiführung hervor. Sein Gegenkandidat Andreas Molau, auf den sich die einflußreichen Landtagsfraktionen in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern geeinigt hatten, schied überraschend aus dem Rennen aus. Wenn auch nicht ganz freiwillig, denn der Landesvorstand Mecklenburg-Vorpommern sprach sich für den Schweriner Fraktionschef Udo Pastörs als Kandidat für das Amt des Parteivorsitzenden aus. Gründe hierfür wurden nicht genannt. Es wirft allerdings ein bezeichnendes Licht auf die Partei, daß es hinter vorgehaltener Hand heißt, Molaus jüdischer Urgroßvater habe eine Rolle gespielt. Auf diesen hatte kurz zuvor bereits Molaus erbittertster Gegner, der Hamburger Anwalt und NPD-Vize Jürgen Rieger, in einem Interview angespielt und Molau vorgeworfen, er gehe mit der Verfolgung seiner Familie im Dritten Reich hausieren.

Kein Wunder also, daß Molau schäumte, nachdem seinen Plänen so plötzlich der Boden entzogen worden war: Voigt und Rieger hätten „eine planmäßige Rufmordkampagne“ gegen ihn betrieben. Rieger habe die Partei zuerst in finanzielle Abhängigkeit gebracht und mache sich jetzt daran, diese mit seinem politischen Narrentum zugrunde zu richten. Dabei könne ein Anwalt, so Molau, „der in der Bild-Zeitung Schlagzeilen macht, weil er seine alkoholabhängige Mandantin vernascht“, wohl kaum als politisches Vorbild dienen. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT stellte Molau seine Zukunft in der Partei in Frage. „Das hängt davon ab, ob sich die NPD weiter zur Sekte entwickelt.“

Pastörs gibt sich derweil betont gelassen: „Ich bin wohl einer Fehleinschätzung aufgesessen“, sagte er der JF. Er habe zwar von gewissen Vorbehalten gegen Molau im Landesvorstand gewußt, nur daß diese so massiv seien, habe auch er nicht erwartet. Er jedenfalls schätze Molau, menschlich wie politisch. „Auf solche Leute können wir in der Partei nicht verzichten. Seine Aufgaben haben sich noch lange nicht erledigt.“

Pastörs steht jedoch vor einem ganz anderen Problem. Ob er anders als Molau bei seiner Kandidatur gegen Voigt Unterstützung aus Sachsen erhält, ist fraglich. Der dortige Fraktionschef Holger Apfel soll alles andere als begeistert gewesen sein, als er von der neuesten Entwicklung erfuhr. Äußern will er sich dazu allerdings nicht. Es ist jedoch kein Geheimnis, daß man in Dresden und Schwerin unterschiedliche Kurse fährt. Während Sachsen um ein gemäßigtes Erscheinungsbild bemüht ist, ist Pastörs nicht bereit, „für ein bißchen Akzeptanz seitens der Blockparteien radikale Positionen aufzugeben“.

Lachender Dritter könnte daher einmal mehr Udo Voigt sein. Gegenüber der JF zeigte er sich sichtlich vergnügt. Er hoffe nur, daß sich seine Gegner nun endlich auf einen Kandidaten geeinigt hätten, der auch bis zum Parteitag durchhalte.

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