© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/09 13. Februar 2009

Frisch gepresst

Skagerrak. Liest man das Geleitwort des "Befehlshabers der Flotte", Vizeadmiral Hans-Joachim Stricker, fehlen einem schon wieder alle Pfennige an der Mark. Der "Große Flaggenschmuck", so belehrt Stricker den Leser des Bandes über die "Skagerrakschlacht" (Vorgeschichte - Ereignis - Verarbeitung, R. Oldenbourg Verlag, München 2009, gebunden, 390 Seiten, Abbildungen, Karten, 34,80 Euro), werde in der Deutschen Marine alljährlich nur zum 14. Juni und zum 3. Oktober angelegt. Der 14. Juni? Nein, gemeint ist nicht der "Pariser Einzugstag" 1940, sondern der Gründungstag der kläglichen (aber von Stricker auch nicht bedacht: durch und durch "großdeutschen") Paulskirchen-Flotte. "Befehlshaber" Stricker glaubt das betonen zu müssen, damit ja niemand auf den Gedanken komme, der 31. Mai 1916, als die Dreadnoughts der Grand Fleet von den Schlachtschiffen der Kaiserlichen Marine besiegt wurden, könne eine "positive" Tradition stiften wie noch zu Zeiten von Reichs- und Kriegsmarine. Gegen "Mißverständnisse" solcher Art schreibt auch der stets regierungsamtlichen Kurs haltende Fregattenkapitän der Reserve und emeritierte Kieler Zeithistoriker Michael Salewski in seiner Schlußbetrachtung ("Reflexionen") an. Auf ihn richten sich leider auch die Beiträge der Herausgeber Michael Epkenhans, Jörg Hillmann und Frank Nägler aus, so daß allein die erfreulich zahlreich vertretenen englischen Marinehistoriker eine von volkspädagogischer Diesigkeit freie Sicht auf die Skagerrakschlacht eröffnen.

Neonazismus. Eine "Feldstudie" nennt Martin Thein seine jüngst veröffentlichte Arbeit über das "neonazistische Milieu", in welches er im Rahmen seiner Dissertation zweieinhalb Jahre "abgetaucht" sein will (Wettlauf mit dem Zeitgeist. Der Neonazismus im Wandel. Cuvillier Verlag, Göttingen 2009, broschiert, 467 Seiten, 39,80 Euro). Herausgekommen ist ein detaillierter Überblick über die einzelnen neonazistischen beziehungsweise rechtsextremistischen Gruppierungen und Strömungen in der Bundesrepublik seit den sechziger Jahren. Vor allem die Differenzierung zwischen Rechtsextremismus und Neonazismus fällt daran positiv auf - ist dies doch selbst bei wissenschaftlichen Arbeiten heute bei weitem nicht die Regel. Neben dem analytischen Teil führte Thein mehrere Interviews mit verschiedenen Szenegrößen, wobei er die Bedeutung einzelner jedoch stark überschätzt und folglich deren Aussagen auch zu stark gewichtet. Letztlich bietet das Werk einen guten Einblick in die Gedanken und Strukturen verschiedener neonazistischer Gruppen und Personen, kann jedoch nicht ganz die Ankündigung des Dresdner Politologen Werner J. Patzelt erfüllen, Thein gelinge dies in einer noch nie dagewesenen Tiefenschärfe.

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