© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/09 06. Februar 2009

Mißtöne in Dresden
Geschichtspolitik II: Vor den Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag der Zerstörung der Stadt streiten sich die Parteien über die richtige Form des Erinnerns
Marc Zöllner

Seit einigen Jahren sorgen die Gedenkveranstaltungen in Dresden, mit denen an die Bombardierung und Zerstörung der Stadt durch die Alliierten im Februar 1945 erinnert wird (siehe auch Seite 17), regelmäßig für deutschlandweite Aufregung (JF 8/05). Auch in diesem Jahr entwickelt sich die von der NPD-nahen Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland für den 14. Februar geplante Trauerkundgebung zum Politikum.

Ein breites Spektrum an Prominenz aus Kultur und Politik, eingeladen von dem Bündnis "Geh Denken", will der Demonstration entgegentreten. Man wolle "den braunen Spuk beenden", verkündete Ralf Hron. Der Vorsitzende des Dresdner DGB gehört zu den Erstunterzeichnern jenes Bündnisses, welches sich zum Ziel gesetzt hat, eine "erfolgreiche Mobilisierung der Rechtsextremisten für die folgenden Wahlen" zu verhindern, und anzuknüpfen versucht an jene "aktiven zivilgesellschaftlichen Mobilisierungen", welche "in den Jahren 2007 und 2008 (...) die rechtsextremen Demonstrationen erheblich gestört" hätten.

Eingeladen zur Teilnahme an diesem Bündnis war ausdrücklich auch die CDU. Doch diese wollte sich nicht vor den Karren der Linken spannen lassen. Der Kreisvorsitzende der CDU befürchtet zudem "Straßenschlachten zwischen Rechts und Links". Doch nicht nur die Gewaltbereitschaft der üblichen Demonstrationstouristen aus antideutschen Kreisen bereitet ihm Kopfschmerzen. Vielmehr ist es ein Blick auf die Teilnehmerliste, welcher ihn schaudern läßt.

So finden sich dort neben Gewerkschaft, SPD und den Oppositionsparteien des Landtags - ausgenommen der NPD, versteht sich - unter anderem auch die lokalen Verbände von DKP und der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands. Und mit den "Feinden der Demokratie" gebe es keinerlei Zusammenarbeit von seiten der CDU, verkündete Rohwer - "gleichgültig, ob sie von NPD oder Linkspartei kommen".

Offensichtlich, so Rohwer, finde sich die SED-Nachfolgepartei in jener von der CDU präferierten "stillen Art des Gedenkens auf Friedhöfen und in Kirchen nicht wieder, weil man keine Reden mit Sprechchören schwingen kann".

Das Bündnis und die Linkspartei hingegen wehren sich gegen Rohwers Beschuldigungen und werfen ihm unter anderem vor, Wahlkampf auf Kosten der Gegenveranstaltung zum Gedenkzug der NPD führen zu wollen. Seine Äußerungen dienten lediglich dazu, die Teilnehmer der Veranstaltungen des Bündnisses "in die Ecke von Linksextremisten oder gar Krawallmachern zu rücken", meint Martin Duhlig, SPD-Fraktionschef im Sächsischen Landtag. "Der einzige, der jedoch Krawall macht, ist Rohwer."

Doch Rohwer kontert mit demselben Argument. Im Hinblick auf die angekündigte Politprominenz - reden werden unter anderem Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi, der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering, Grünen-Chefin Claudia Roth sowie der DGB-Vorsitzende Michael Sommer - warnt er vor Politikern, "welche die Geschichte Dresdens nicht kennen". Dem DGB, der bereits die linken Oberbürgermeisterkandidaten im Wahlkampf unterstützt habe, warf er vor, sich "offensichtlich schon auf die Wahlen 2009" vorzubereiten. Und auch die NPD, deren Veranstaltung die eigentliche Ursache des Konflikts ist, griff dieses Argument auf und verwahrte sich ausdrücklich dagegen, den Wahlkampfauftakt zum Superwahljahr 2009 auf Kosten der Opfer des Bombenangriffs auf Dresden zu beginnen.

Das Bündnis um SPD und Linksparteien hält dennoch an seinen Plänen fest. Nicht nur drei Demozüge quer durch die Innenstadt hat man geplant. Obendrein werden zur Schlußveranstaltung noch die Söhne Mannheims, die Prinzen sowie die Fantastischen Vier vor den Demonstranten auftreten. Kosten spielten bei den Vorbereitungen keine Rolle - Hauptsache bunt, schrill und laut. Wie es sich für einen Gedenktag gehört.

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