© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/09 06. Februar 2009

George Mitchell. Kann er die Wende in Nahost bringen, die Obama vollmundig verspricht?
Obamas Sisyphos
Günther Deschner

Zwei Tage nach Amtsantritt berief US-Präsident Obama den Juristen und demokratischen Politiker George Mitchell, 75, zum Sonderbeauftragten für den israelisch-palästinensischen Konflikt. Zu Recht wird darin eine Bestätigung seines Versprechens gesehen, in der Nahostpolitik eine ausgewogenere Haltung einzunehmen als sein Vorgänger.

Die Wahl hätte kaum besser ausfallen können, denn Mitchells Ruf als Vermittler ist legendär. Auf internationalem Parkett lieferte er sein Meisterstück, als er im Auftrag von Bill Clinton in zweijährigen Verhandlungen einen Frieden für Nordirland erreichte, der am Karfreitag 1998 unterzeichnet wurde. "Bei den Verhandlungen sind wir an 700 Tagen gescheitert, aber an einem Tag haben wir Erfolg gehabt", sagte Mitchell bescheiden. "Konflikte werden von Menschen gemacht. Sie können auch von Menschen beendet werden", lautet seither sein Credo.

Geboren 1933 in Waterville in Maine als Sohn eines irischen Vaters und einer maronitischen Libanesin, kann sich Mitchell selbst als "Arab-American" bezeichnen, als Amerikaner arabischer Herkunft. Er wuchs in einfachen Verhältnissen auf, wurde katholisch erzogen, besuchte öffentliche Schulen. Von der Mutter lernte er viel über den Nahen Osten und dessen Lebenswelt.

Mitchell diente in der US-Armee in Berlin, wurde Staatsanwalt, dann Anwalt einer international tätigen Kanzlei. Er machte Karriere als demokratischer Politiker, vertrat seinen Heimatstaat im Senat und stieg zum Mehrheitsführer der Demokraten auf. Damals erwarb er sich den Ruf eines geschickten Mittlers, den er dann mit dem Erfolg "seines" Karfreitagsabkommens krönte.

Mit derselben Zähigkeit will er nun auch zwischen Israelis und Palästinensern vermitteln. Der Brisanz dieser Mission ist sich Mitchell bewußt, die Problematik ist ihm vertraut: Clinton hatte ihn Ende 2000 mit einer Studie zur Lösung des Nahostkonflikts betraut, die er - inzwischen regierte Bush - im April 2001 vorlegte. Sein prononciertes Resümee lautete: "Es gibt kein größeres Hindernis für den Frieden als die israelische Siedlungspolitik." Er schlug vor, die Streitparteien auf einen wechselseitigen Prozeß konkreter und kontrollierter Schritte zu verpflichten. Allerdings zerschlug Premier Sharon 2002 die Palästinensische Behörde, demontierte deren Präsidenten Arafat und ermunterte gleichzeitig jüdische Siedler, eilig jeden Hügel in "Judäa und Samaria", im Westjordanland, für ihre Niederlassungen zu beanspruchen. 2004 folgte sein Rückzugsbeschluß aus Gaza, wofür Bush ihm schriftlich zusicherte, Israel dürfe die großen jüdischen Siedlungsblöcke annektieren. Unter Sharon-Nachfolger Olmert sind darüber hinaus weitere, "wilde" Siedlungen hinzugekommen.

Auch ein Mann vom Format Mitchells kann diese israelischen Faits accomplis kaum noch rückgängig machen. Ohnehin muß er wieder dort anfangen, wo er 2001 aufhören mußte. Mitchell will es trotzdem versuchen: "Es wird nicht leicht sein, aber es kann und muß doch angepackt werden."

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