© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/09 16. Januar 2009

Frisch gepresst

US-Fehltritte. In der Abschlußpressekonferenz des "schlechtesten US-Präsidenten aller Zeiten" (CNN-Umfrage) mußte der anfangs gutgelaunte George Walker Bush beim Resümee des Irak-Abenteuers eingestehen, daß seine voreilige Feststellung im Mai 2003, die Mission sei "accomplished" (ausgeführt), ein großer Fehler war. Die prekären Auswirkungen des Dritten Golfkriegs vor Augen, kann auch Joseph Pozsgai in seinem aktuellen Werk viele Parallelen zum anderen großen militärischen Desaster entdecken, in das die USA trotz eindeutiger Anfangserfolge steuerten. Bei der Bilanzierung des opferreichen Kriegs in Indochina, der das Land nach seinem Rückzug für mehr als ein Jahrzehnt paralysierte, ebenso zielsicher wie in der Verurteilung des konzeptlosen Irak-Kriegs, kann Pozsgai dennoch nicht überzeugen. Den roten Faden konsequent vorenthaltend, geleitet der promovierte Politologe den Leser durch ein Flickwerk historischer Anekdoten und kann dabei weitestgehend nur bekannte Thesen wiederkäuen. Erstaunlicherweise bestätigt sich das Bedenken, es handle sich hierbei lediglich um eine Repetition diverser enzyklopädischer Artikel, bei der Betrachtung seines Literaturverzeichnisses, welches an Kürze kaum zu unterbieten, an Marginalität der Quellen gleichsam unübertroffen erscheint (Vom Vietnam-Krieg zum Irak-Desaster. Fehlentscheidungen amerikanischer Politik. Olzog-Verlag, München 2008, broschiert, 320 Seiten, 24,90 Euro).

 

Saufkultur. In Großstädten sind die Gruppen von Jugendlichen beiderlei Geschlechts, die am Wochenende mit problemlos im Supermarkt oder am Kiosk beschafften Alkoholika ihr oft in Besinnungslosigkeit endendes Besäufnis einleiten, mittlerweile zum augenfälligen Phänomen geworden. Diese Unsitte hat es aus Großbritannien, wo das "binge drinking" beim zügigen Alkoholkonsum vor der Sperrstunde ("Last orders") seinen Ursprung haben soll, innerhalb der letzten 15 Jahre auf den Kontinent geschafft. Der Mediziner und sachsen-anhaltinische SPD-Politiker Rüdiger Fikentscher ist in dem von ihm herausgegebenen Büchlein den "Trinkkulturen in Europa" (Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale 2008, broschiert, 208 Seiten, 14 Euro) näher auf den Grund gegangen, ohne diese modische Unkultur des Saufens auszuklammern. So führen die weitgehend kundigen Beiträge teilweise leichtfüßig in die europäische "Topographie des Trinkens" ein, medizinische, soziologische und rechtliche Problemfelder absichtlich ignorierend. Dem Werk gelingt es, in die Gemengelage der Bier- und Weinkulturen einzuführen, die oftmals über Küche und Lebensart ganze Regionen gestalten. Auch Ausprägungen geselliger Riten bis hin zu den Regularien des Biercomments im Korporations-Milieu bleiben nicht unberücksichtigt.

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