© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/09 16. Januar 2009

Protest gegen den Schulzwang
USA: Hausunterricht zieht immer weitere Kreise
(idea/JF)

In Deutschland machen sich Eltern strafbar, wenn sie ihre Kinder selbst unterrichten und nicht auf eine öffentliche Schule schicken. In vielen anderen Ländern ist der Hausunterricht hingegen erlaubt; in den USA erfreut sich diese alternative Bildungsform wachsender Beliebtheit.

Wie aus einer jetzt veröffentlichten Statistik des Bildungsministeriums in Washington hervorgeht, ist die Zahl der Hausschüler von 1999 - der ersten Erhebung - bis 2007 um 77 Prozent auf rund 1,5 Millionen gestiegen. Das entspricht 2,9 Prozent der gesamten Schülerzahl in den USA. 1999 waren es 1,7 Prozent.

Bei der jüngsten Umfrage unter etwa 10.000 Eltern von Schulkindern wurde auch nach den Gründen für den Hausunterricht gefragt. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) der Hausschuleltern gab an, daß für sie vor allem die Sorge um eine religiöse und moralische Erziehung an öffentlichen Schulen ausschlaggebend sei. Weitere 21 Prozent sind unzufrieden mit dem generellen Umfeld an den Schulen und 17 Prozent mit der Qualität des Unterrichts. Hausschüler kämen inzwischen aus allen gesellschaftlichen Schichten, erklärte Michael Smith, Präsident der Vereinigung zur Rechtsverteidigung von Hausunterricht mit Sitz in Purcellville (Bundesstaat Virginia).

Hausunterricht ist nicht nur in den USA zulässig, sondern auch in europäischen Ländern wie Dänemark, Finnland und Österreich. Dort herrscht zwar Unterrichtspflicht, doch dürfen die Eltern ihre Kinder auch selbst lehren. In Deutschland ist das nicht erlaubt. Gerichte haben mehrfach Zwangsmaßnahmen - von Geld- bis Freiheitsstrafen - gegen Eltern erlassen, die etwa aus Glaubensgründen ihre Kinder unterrichten wie die Familie Dudek im hessischen Herleshausen (JF 38/08, 3/09). Einer Entscheidung des unter anderem für Familienrecht zuständigen XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe zufolge kann Hausschuleltern zumindest teilweise das Sorgerecht entzogen werden. Es liege im Interesse der Allgemeinheit, der Entstehung von religiös oder weltanschaulich geprägten Parallelgesellschaften entgegenzuwirken, hieß es zur Begründung der Entscheidung in zwei Fällen aus dem Jahre 2007. Manche Familien sind wegen drohender Entziehung des Sorgerechts ins Ausland gezogen.

Nach Angaben des in Hessen ansässigen Vereins "Schulunterricht zu Hause" unterrichten in Deutschland zwischen 500 und 1.000 Familien ihre Kinder selbst. Amtliche Zahlen sind nicht bekannt.

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