© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/08-01/09 19./26. Dezember 2008

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Ämterkauf
Karl Heinzen

Mit der Wahl von Barack Oba-ma zum Präsidenten der USA ist sein Sitz im Senat als Vertreter des Bundesstaates Illinois vakant geworden. Um diesen neu zu besetzen, müssen nicht die Bürger vorzeitig um ihr Votum gebeten werden. Vielmehr obliegt es Rod Blagojevich in seiner Eigenschaft als Gouverneur von Illinois, einen Nachfolger zu ernennen, der dieses Amt bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode ausübt.

Der Parteifreund des neuen Präsidenten scheint in der Erfüllung dieser Aufgabe nun offenbar bestrebt gewesen zu sein, den Senatsposten dem Meistbietenden anzudienen. Da er aufgrund seines auch ansonsten recht unkonventionellen Regierungsstils bereits ins Fadenkreuz der Ermittlungsbehörden geraten war, wurden seine Telefonate mit Interessenten abgehört. Diese Gespräche sind wohl so aufschlußreich gewesen, daß Blagojevich unter Korruptionsverdacht verhaftet wurde. Inzwischen ist er gegen Zahlung einer Kaution wieder auf freiem Fuß.

Was in juristischer Hinsicht ein eindeutiger Fall sein mag, ist aus der Warte der politischen Ethik durchaus differenzierter zu betrachten. Zwar wird kaum zu bestreiten sein, daß der Gouverneur die Absicht verfolgte, sich persönlich zu bereichern. Das Motiv an sich ist jedoch keineswegs mit Naserümpfen zu betrachten, da man sonst über alle Akteure im Wirtschaftsleben den Stab brechen würde. Eine Demokratie kann politische Führungspositionen nicht als Ehrenämter interpretieren, sondern muß diese auch und gerade für Menschen offenhalten, die eines Einkommens bedürfen, da sie von Haus aus nicht so gut gestellt sind, daß ihnen Geld gleichgültig sein könnte. Im übrigen ist es nicht minder legitim, wenn sich auch Reiche der Maxime verschreiben, noch reicher zu werden.

Der Ämterkauf ist eine Praxis, die seit der Antike auch in Republiken immer wieder gang und gäbe war. Man sollte sich also davor hüten, hier vorschnell ein abschätziges Urteil zu fällen, zumal es ja kaum ein besseres Zeichen für die Wertschätzung eines Amtes gibt als den Preis, den man für es zu entrichten bereit ist

Wer von Menschen etwas verlangt, was ihrer Natur zuwiderläuft, verhält sich wirklichkeitsfremd und letzten Endes inhuman. Wer an Politiker höhere Maßstäbe als an den Rest der Bevölkerung anlegt, ebnet damit nicht jenen den Weg, die seinen Ansprüchen tatsächlich genügen, sondern bloß den Heuchlern, die ihn besser zu täuschen vermögen. Der US-Demokrat Rod Blagojevich hat sich auf dieses Spiel nicht eingelassen und ohne Rücksicht auf sein Ansehen der Wahrhaftigkeit Vorrang vor dem schönen Schein gegeben.

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