© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/08 05. Dezember 2008

UMWELT
Kontrollen doch nicht das Gelbe vom Ei
Volker Kempf

Wer wissen will, woher seine Eier kommen, kann sich unter www.was-steht-auf-dem-ei.de informieren. Die Probe aufs Exempel ergab schon vor einigen Jahren ein fragwürdiges Bild. Denn die Fahrt zu einem Betrieb in NRW erwies, daß dort sowohl Käfig- als auch Boden- und Freilandhaltung betrieben wurde. Abgesehen davon, daß der Unterschied zwischen Boden- und Freilandhaltung so augenfällig nicht war, weil bei letzterer nur etwa zehn von tausend Hühnern die Freiheit aufsuchten, kann kein Mensch kontrollieren, auf welches Ei welcher Stempel kommt. Bei allem Mißtrauen überraschte ein "Frontal 21"-Bericht im ZDF über einen der größten Bioeier-Produzenten doch. Hiernach sollen Bio-Kriterien mißachtet und die Hühner der Firma (die eigenen Angaben zufolge eine Milliarde Eier jährlich produziert) dicht gedrängt in Stallungen und ohne Auslauf auf Wiesen gehalten worden sein.

Der für die Haltungskontrolle zuständige Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT) erklärte dies mit der Wildvogelflugphase und "als Präventionsmaßnahme im Hinblick auf die Vogelgrippe", was der Tierschutzverein Peta aber nicht gelten lassen will. Auch monatealte Aufnahmen von Freiflächen ließen nicht erkennen, daß dort Hühner in jüngster Vergangenheit einmal Auslauf gehabt haben könnten. Bis jetzt waren es vor allem transparent arbeitende Kleinbetriebe und Selbstversorger, die wegen der mit der Vogelgrippe verbundenen Auflagen aufgegeben haben. Nun trifft der Skandal die ganze Branche. Der Verbraucher muß sich auf Kontrollen verlassen können, ist aber nach diversen Fleisch­skandalen bereits verunsichert. Die ethisch einwandfreie Massenproduktion von Eiern kommt ohnehin der Quadratur des Kreises gleich.

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