© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/08 24. Oktober 2008

"Widerstand lohnt sich"
Bürgerliche Listen ringen an den Unis mit den Linken und der Entpolitisierung. Gewinnen sie den Kampf?
Moritz Schwarz

Herr Bullmahn, das Studienjahr hat begonnen: Politik an der Uni - das ist doch unwichtig.

Bullmahn: Falsch!

Warum?

Bullmahn: Weil es um viel Geld geht - um Geld, das wir, die Studenten, bezahlen und um Geld, das uns zugute kommen sollte. Weil es um die Mitbestimmung über Lehrinhalte und Prüfungsordnungen geht und um die Frage, ob die Linken jede andere Meinung auf dem Campus - notfalls mit Gewalt - wegdrücken können. Es geht also jeden an, der darauf Wert legt, über seine eigenen Belange selbst zu bestimmen.

Warum interessieren sich dann nur so wenige Studenten für die Wahlen zum StuPa, zum Studierendenparlament?

Bullmahn: Weil unter den Studenten leider ebenso das Phänomen der Entpolitisierung grassiert wie in der übrigen Gesellschaft.

Dennoch beginnen die Linken ihre Vormachtstellung seit den Neunzigern einzubüßen.

Bullmahn: Ja, die Gleichung "jung gleich links" stimmt nicht mehr. Die Linke hat nicht mehr kraft eigener Stärke die Mehrheit, sondern nutzt nur noch die unpolitische Passivität der meisten Studenten aus. Dabei hat die Entpolitisierung Vor- und Nachteile für beide Seiten. Die Linke profitiert von ihr, solange sie keine Konkurrenz hat. Wo sie aber Konkurrenz bekommt, muß sie nun plötzlich um den Wahlerfolg kämpfen. Für uns dagegen bedeutet die Entpolitisierung wie gesagt, daß die Mehrheit der Studenten nicht mehr automatisch links ist. Aus dem gleichen Grund gelingt es uns aber nur schwer, sie für unsere Inhalte zu begeistern. Gewinnen wir sie doch, ist es allerdings endlich möglich, die Dominanz der Linken zu brechen.

Wie schafft man das?

Bullmahn: Am ehesten lassen sich die Studenten mit unpolitischen Themen mobilisieren. Wenn es zum Beispiel um die Einführung eines kostenlosen Semestertickets geht, dann steigt plötzlich das Interesse.

Enttäuscht Sie diese unpolitische Haltung (siehe Interview unten)?

Bullmahn: Ein bißchen schon. Der Mangel an politischem Bewußtsein ist schon bestürzend. Aber in der Demokratie muß man die Leute dort abholen, wo sie sind.

Dabei gelingt es dem RCDS oft nicht, aus der Situation Nutzen zu ziehen. Ähnlich wie unlängst bei der Landtagswahl in Bayern profitieren nämlich vor allem unabhängige Listen vom Niedergang des Platzhirsches. 

Bullmahn: Auch das ist Folge der Entpolitisierung. Diese freien Listen sind bei den Studenten vergleichsweise populär, eben weil sie sich von politischen Positionierungen fernhalten und allein den Serviceaspekt betonen: "Wir setzen uns im StuPa für folgende Vorteile für Euch ein!" Leider macht mancher RCDS-Mann nämlich den gleichen Fehler wie viele Linke und belämmert die Leute mit politischen Grundsatzpostionen, wo sie nur pragmatische Hilfe erwarten. Deshalb hängt unser Erfolg immer stark vom jeweiligen Personal an einer Uni ab. Übrigens: Augen auf bei den unabhängigen Listen! Denn der Trend geht bei den Linken mitunter dahin, durch einen unauffälligen, pragmatischen Namen die Studenten über den eigentlich linken Charakter der Liste im unklaren zu lassen.

Was ist eigentlich so schlimm an den Linken?

Bullmahn: Natürlich gibt es nicht "die Linken", nicht alle sind gleich. Im StuPa gibt es auch gemäßigte Jusos, mit denen wir gut auskommen. Viele linke Listen sind aber mit ziemlich extremen Leuten besetzt, die kaum Skrupel haben. Gelingt es ihnen, die Mehrheit zu erzielen, womit sie sozusagen die "Regierung", den AStA, den Allgemeinen Studierendenausschuß stellen können, dann nehmen sie mitnichten die Interessen der Studenten wahr, sondern mißbrauchen Macht und Geld - und da geht es an manchen Unis mitunter um mehr als eine halbe Million Euro im Jahr -, um linke bis linksradikale Politik zu machen und ihre Klientel zu versorgen.

Zum Beispiel?

Bullmahn: Zum Beispiel hat der RCDS 2007 in Berlin aufgedeckt, daß dort in einer besetzen Villa mit AStA-Mitteln über Jahre hinweg linkes Propagandamaterial, etwa gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm, gedruckt wurde. Was bitte hat G8 mit studentischen Belangen zu tun? Das war Geld, daß eigentlich den Studenten hätte zugute kommen müssen, zum Beispiel in Gestalt von Lehrbeauftragten, Fachbüchern etc. und das zum Teil auch von den Studenten - nämlich per Semesterbeitrag - aufgebracht worden ist. Und das ist kein Einzelfall.

Warum kommen die Linken damit durch?

Bullmahn: Weil ihn in vielen StuPas die Opposition fehlt, die ihnen auf die Finger schaut. Und weil die verantwortlichen Stellen wegschauen. So prüft etwa der Landesrechnungshof in Hannover seit 2006 die ASten nicht mehr. Denn das ist in Niedersachsen mittlerweile Aufgabe der Hochschulleitungen. Nur, die haben dazu keine Lust! Hier in Wilhelmshaven etwa hat der RCDS 2006 aufgedeckt, daß ein AStA-Mitglied 22.000 Euro auf seine Konten transferiert hat. Doch weder der zuständige AStA noch die FH-Leitung haben Strafanzeige erstattet!

Warum nicht?

Bullmahn: Weil sie unterschwellig der Meinung sind, StuPa und AStA seien die Spielwiese der Studenten und die können da machen, was sie wollen. Selbst wenn sie sich bankrott wirtschaften, ist das der Hochschulleitung egal. In unserem Fall mußten wir die Strafanzeige schließlich selbst stellen. Und der örtliche AStA selbst war durch die Hochschule - welche die Rechtsaufsicht hat - angewiesen worden, in Sachen Strafanzeige nichts zu unternehmen!

Was passiert mit den Geldern?

Bullmahn: Da die Linken natürlich nicht alle ihre Leute im AStA unterbringen können, schaffen sie mit den Geldern einfach Arbeitsstellen für diese. Das können 400-Euro-Jobs sein oder sogar versicherungspflichtige Vollzeitstellen. Die Gelder gehen also nicht in Studentenprojekte, sondern werden in die Schaffung linker Strukturen gesteckt. Das nenne ich einen doppelten Mißbrauch - obwohl es oft formal legal ist, weil durch AStA-Beschlüsse gedeckt. Doppelt, weil erstens das Geld für die Studenten zur Alimentierung ihrer Klientel zweckentfremdet wird und zweitens, weil die so geschaffenen linken Strukturen natürlich eine linke Subkultur produzieren, die das studentische Leben an der Uni politisch dominiert. Wer dagegen angeht, der bekommt den Populismus der Linken zu spüren.

Was bedeutet?

Bullmahn: Die Linken argumentieren vor den Studenten natürlich nicht damit, daß sie sich auf deren Kosten selbst bedienen bzw. ihre Gelder für linke Politik ausgeben. Statt dessen stellen sie sich als Streiter gegen die Ungerechtigkeit dar und ersticken damit kritische Nachfragen von Leuten, die keinen Durchblick haben, im Keim. Gleichzeitig werden alle, die dem Treiben einen Riegel vorschieben wollen, im Sinne des Zeitgeists als "böse Rechte" gebrandmarkt. Wenn es uns dennoch gelingt, Wahlerfolge zu erzielen, dann werden die Linken mitunter sogar handgreiflich. Gewalt gegen Andersdenkende und vor allem gegen solche, die ihre Pfründen bedrohen, gilt vielen Linken als legitim. Es werden sogar demokratische Wahlergebnisse boykottiert, wie etwa in Göttingen, wo man im Jahr 2003 nach einer Niederlage bei den StuPa-Wahlen einfach die AStA-Räume besetzte, das Büro des Uni-Präsidenten wurde verwüstet. Drei Hundertschaften der Bereitschaftspolizei waren nötig, um den Campus zu räumen. Wochen später legten Unbekannte Feuer in den Räumen des neuen, nicht-linken AStA. Und auch Zersetzung ist kein Mittel, das man scheut. Ich habe selbst erleben müssen, wie man mich wegen meines StuPa-Engagements in meinem persönlichen Umfeld verleumdet hat.

Inwiefern?

Bullmahn: Unbekannte versuchten, mich bei meinem Arbeitgeber als Homosexuellenhasser zu denunzieren. Der Grund: Der Verantwortliche auf linker Seite, den wir im Wahlkampf politisch angegriffen haben, war homosexuell. Zum Glück kamen sie damit aber nicht durch, und ich konnte meinen Job behalten.

Kein Wunder, daß sich viele Studenten dem nicht aussetzen wollen.

Bullmahn: Ja, und ich kann auch verstehen, daß viele unter dem Druck des immer rauher werdenen Berufslebens vor allem an ihre Karriere denken. Die Umstellung der Studienabschlüsse gemäß Bologna auf Bachelor und Master verstärkt das zudem noch.

Setzen Master und Bachelor aber nicht auch die linken Studenten unter Druck?

Bullmahn: Das hatten wir zunächst auch gehofft, aber irgendwie haben die trotzdem immer noch Zeit für ihre Extratouren. Klar, wenn es ihnen gelingt, über den AStA Studentengelder anzuzapfen, sind sie erstmal versorgt. Dann winken fett Kohle und Freisemester. Um so wichtiger ist es, daß man den Kommilitonen zeigt, daß sich rauszuhalten im Grunde keine unpolitische Haltung ist, sondern den Amtsmißbrauch der Linken unterstützt. Die einzig Chance ist, sich einzumischen. Und wir wollen den Leuten zeigen, daß Widerstand sich lohnt!

 

Matthias Bullmahn ist Vize-Vorsitzender und Schatzmeister des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) in Niedersachsen ( www.rcds-niedersachsen.de ). Der Student der Wirtschaftswissenschaften an der Fachhochschule Wilhelmshaven wurde 1979 in Wittlich bei Trier geboren.

 

Ring Christlich-Demokratischer Studenten: Der RCDS ist ein der CDU nahestehender, allerdings von ihr organisatorisch unabhängiger, bundesweiter Studentenverband. Beide sind jedoch vielfach durch Personalunion der Vorstände verbunden. Gegründet 1951 in Bonn, gehören ihm heute etwa 100 Hochschulgruppen mit etwa 8.000 Mitgliedern an. Der RCDS widmet sich der Hochschulpolitik, der studentischen Selbstverwaltung sowie der Hilfestellung bei praktischen Fragen des studentischen Alltags.     

 

Kontakt und  Informationen: RCDS Bundesverband, Paul-Lincke-Ufer 8b, 10999 Berlin, Telefon: 030 / 61 65 18 11, im Internet: www.rcds.de

Foto: Linker Studentenprotest gegen eine Veranstaltung des RCDS mit Wolfgang Schäuble an der Universität Göttingen: "Statt den Studenten zugute zu kommen, werden ihre Gelder mißbraucht, um linke Strukturen zu schaffen"

 

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