© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/08 10. Oktober 2008

Frisch gepresst

Franz Josef Strauß. Daß genau zwei Jahre nach dem Todestag des bisher längsten CSU-Vorsitzenden (1961-1988) das geteilte Deutschland seine Einigung feierte, wollte die Ironie der Geschichte so - war er doch einer der letzten bundesdeutschen Spitzenpolitiker, die glaubhaft an der Grundgesetz-Präambel festhielten, "die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden". Strauß' "publizistisches Sturmgeschütz", sein politischer "Spin-Doktor" Wilfried Scharnagl, hat nun eine unterhaltsame Biographie seines "Chefs" vorgelegt. Dem Vorwurf, es könne sich dabei um eine Hagiographie handeln, nimmt der langjährige Chefredakteur des CSU-Organs Bayernkurier mit der deutlichen Titel-Aussage "Mein Strauß. Staatsmann und Freund" schon vorab jeden Wind aus den Segeln. Und tatsächlich entpuppt sich Scharnagls Lobgesang auf FJS weniger als analytische Kritik denn als reicher Schatz an teilweise persönlichen Anekdoten, die Scharnagl als häufiger Begleiter des bayerischen Ministerpräsidenten miterleben durfte. Dessen Charisma, das wird gerade angesichts der Konturenlosigkeit der gerade gescheiterten CSU-Führungsriege deutlich, bestach nicht nur am politischen Aschermittwoch, sondern gerade im politischen Alltagsgeschäft. Insofern bietet "Mein Strauß" mehr, als man vielleicht erwartet (Ars Una Verlagsgesellschaft, Neuried 2008, gebunden, 303 Seiten, Abbildungen, 29,80 Euro).

 

Münchner Juden. Konrad Löw gehört zu den relativ wenigen deutschen Politologen und Neuzeit-Historikern, die sich in ihrer Arbeit noch immer einstmals selbstverständlichen Grundsätzen der Forschung verpflichtet wissen: Die Geschichte so darzustellen, "wie sie eigentlich gewesen ist" - und nicht so, wie sie nach den Vorgaben ideologisierter Vergangenheitsbewältiger eigentlich gewesen sein müßte. Diese "schrecken nicht davor zurück, Kollektive zu verurteilen. Die abendländische Ethik wie das zivilisierte Recht setzen aber nur Individuen auf die Anklagebank." Aus dieser Einstellung resultiert die Bereitschaft - und der Mut, wie man inzwischen hinzufügen sollte - Löws, sogenannte Tabuthemen anzupacken. Im Jahre 2006 veröffentlichte er auf der Grundlage umfangreichen Quellenmaterials eine überzeugende Darstellung zu diesem Thema unter dem Titel "Das Volk war ein Trost". Mit der weniger umfangreichen, aber gleichwohl außerordentlich informativen Publikation "Die Münchner und ihre jüdischen Mitbürger von 1900-1950 im Urteil der NS-Opfer und -Gegner" (Olzog-Verlag, München 2008, broschiert, 192 Seiten, 16,90 Euro) konkretisiert er die Feststellung dieses Buches am Beispiel der Verhältnisse in München, der "Hauptstadt der Bewegung". Er widerspricht damit der These vom deutschen Volk insgesamt als willigem Vollstrecker Hitlers.

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