© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/08 10. Oktober 2008

Verteidigung der Globalisierung
Bhagwati kämpfte in Hamburg
Torsten Uhrhammer

Die "Verteidigung der Globalisierung" hat sich der indische Ökonom Jagdish Bhagwati auf die Fahnen geschrieben. Der Nobelpreiskandidat wartet mit irritierenden Thesen und Statistiken auf. Dabei geht es ihm nicht um Überzeugungsarbeit bei denen, die in der Marktwirtschaft ohnehin die Wurzel allen Übels sehen. Vielmehr konzentrierte er sich auf die Globalisierungskritik von links bis rechts.

Die Öffnung der Märkte und der Wegfall von Handelshemmnissen seien der erste Schritt zu einer Verbesserung der sozialen und ökonomischen Lage. Als Beispiel dient Bhagwati sein Geburtsland Indien. Nicht die Umverteilung von Reichtum verringere Armut, sondern die Schaffung neuen Reichtums. Das gehe nicht ohne Wirtschaftswachstum, wofür der freie Außenhandel grundlegend sei. Über Jahrzehnte verhielt Indien sich weitgehend protektionistisch. Das Wirtschaftswachstum betrug in dieser Zeit vier Prozent pro Jahr, und die Armutsrate lag bei 55 Prozent der Bevölkerung.

Nach Öffnung der Märkte stieg das jährliche Wachstum auf fünf Prozent, und die Anzahl der Armen sank auf 26 Prozent. Nicht viel anders erging es auch China. Mit der Öffnung der Märkte startete ein ungeheurer Aufschwung der Wirtschaft, und die Armutsrate sank von 28 auf neun Prozent. Die ärmsten Länder der Welt bräuchten daher nicht weniger, sondern mehr Globalisierung, schlußfolgert Bhagwati.

Im Gespräch mit Spiegel-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron vor der Hamburger Körber-Stiftung ging Bhagwati auch auf die derzeitige internationale Finanzkrise ein. Bhagwati, der ohnehin nicht einem völlig ungeregelten Kapitalismus das Wort redet, sprach sich für Regulierungen und internationale Standards im Kapitalverkehr aus. Der weltumspannende Finanzfluß sei wie ein Feuer: "Man kann genüßlich ein Steak darauf braten, es kann aber auch das Haus in Brand setzen." Daher dürfe ruhig etwas "Sand ins Getriebe", bevor alles außer Kontrolle gerate. Vor allem die fehlenden Regulierungen für Investmentbanken hätten diese Krise beschleunigt.

Die Ursachen liegen für Bhagwati aber auch in dem US-Selbstverständnis, eine Nation von Hausbesitzern zu sein. Die großzügige Geldvergabe durch die von der US-Regierung geförderten Hypothekenbanken habe die Entwicklung verursacht. Daß nur der Markt dafür verantwortlich gemacht werde, zeige auch eine gewisse Ignoranz gegenüber der staatlichen Verantwortung für diese Krise.

Jagdish Bhagwati: Verteidigung der Globalisierung. Verlag Pantheon, München 2008, broschiert, 528 Seiten, 16,95 Euro

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