© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/08 26. September 2008

Meldungen

Übervater der Neocons kommt aus der Mode

MÜNCHEN. Egal wie der neue US-Präsident am 4. November 2008 heißt: Das Thema "Leo Strauss" als geistiger Übervater der "Neocons" dürfte vom Tisch sein. Diese Prognose kann nach der Musterung des zumindest quantitativ ganz ansehnlichen Ertrags der Strauss-Mode allein im Jahre 2006, wie sie Till Kinzel in der Zeitschrift für Politik (2/08) bietet, gewagt werden. Was Kinzel an der vornehmlich US-amerikanischen Strauss-Literatur als erstes auffällt: "eine erstaunliche Provinzialität" und "Ignoranz", da man es "drüben" nicht mehr für nötig halte, Studien zur Kenntnis zu nehmen, die in einer anderen Sprache als Englisch erschienen sind. Als zarten Fortschritt verbucht Kinzel aber, daß auch unzulängliche Arbeiten ("Schulbuchniveau"), sich immerhin abheben von "simplen Zuschreibungen des Feuilletons" und Dämonisierungen, die aus dem aus Deutschland emigrierten Gelehrten "eine Art satanischen Faschisten" machen, der womöglich unter dem Einfluß Carl Schmitts stand. Reserviert zeigt sich Kinzel gegenüber "inzwischen modisch gewordenen Interpretationen als 'jüdischer Denker'", da die Konzentration der Forschung auf den frühen Strauss auf "zahlreiche Holzwege und Sackgassen in Richtung einer 'jüdischen Philosophie'" führe, die sein Denken als "geistesgeschichtliche Kuriosität" erscheinen lasse.

 

Gliazellen - neue Sterne am Hirnforscher-Himmel

LEINFELDEN. Die mediale Aufmerksamkeit für die Neurowissenschaften steht im peinlichen Kontrast zu ihren therapeutisch verwertbaren Forschungsresultaten. Soweit wie dies auch für die Hirnforschung gilt, scheint jedoch ein "Durchbruch" zu markanten Heilerfolgen in Sicht. Diesen Eindruck vermittelt Ulrich Krafts reißerischer Report von der zwischen Bonn, München, Massachusetts und Pennsylvania verlaufenden Hirnforscherfront (Bild der Wissenschaft, 9/08). Demnach habe man bislang die Gliazellen vernachlässigt, die seit Rudolf Virchows Tagen als eine Art "Nervenkitt" geringgeschätzt werden, der die Neuronen nur mit Nährstoffen versorge. Tatsächlich übernehme dieser Zelltyp wichtige Steuerungsfunktionen im Hirn. Vermutlich seien Gliazellen von zentraler Bedeutung für die Synchronisierung der Nervenzellennetze und damit maßgeblich an dem beteiligt, was wir ahnungslos als "Bewußtsein" bezeichnen. In diese Richtung müsse die Epilepsieforschung zukünftig steuern. Ebenso biete sich hier ein Ansatz zur Therapie degenerativer Hirnerkrankungen wie Alzheimer, da Gliazellen Nervenzellen auch ersetzen können. Christian Steinhäuser, dem Leiter des Instituts für Zelluläre Neurowissenschaften in Bonn, sind soeben drei Millionen Euro bewilligt worden, um ein europäisches Verbundprojekt zur Erforschung des vermeintlichen "Nervenkitts" zu fördern.

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