© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/08 29. August 2008

Moskau, der Westen und die Separatisten
Mal kurz verzockt
von Michael Paulwitz

Eine Retourkutsche wie ein Panzer: Während die Konsensbeschwörer noch leitartikelten, daß das Votum der Duma für eine Anerkennung Abchasiens und Südossetiens Präsident Medwedjew nicht binde, gab Putins Mann im Kreml den Unabhängigkeitserklärungen der Separatistenregime in den georgischen Provinzen Rußlands Segen. Die Revanche für Kosovo war lange angekündigt. Trotzdem hat das Duumvirat die Kalter-Krieg-Spieler in USA und Nato kalt erwischt. Deren Akteure haben sich gewaltig verzockt. Zuerst Georgiens Saakaschwili, der glaubte, Freund Bush würde sein Vabanque-Spiel schon decken; dann der US-Präsident selbst, der im globalen Rohstoffwettlauf die Kaukasusrepublik zu Nadelstichen gegen Rußland nutzte und dabei dessen Entschlossenheit und Handlungsstärke unterschätzte. Nicht mal eine tschetschenische Marionette haben die USA parat für eine Gegen-Unabhängigkeitserklärung im russischen "Kerngebiet". Moskau hat den Bluff durchschaut und nutzt die Schwäche mitleidslos aus.

Deutschland klemmt unglücklich zwischen Rußland, von dessen Öl und Gas es abhängig ist, und den USA, die sich und ihren Verbündeten den geopolitisch näherliegenden Zugang zum zentralasiatischen Rohstoffreichtum über den Iran versagen. Eigenständige Interessenpolitik verlangt die Emanzipation von beiden Flügelmächten.

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