© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/08 22. August 2008

Trauerort oder Vergnügungsstätte
Geschichtspolitik: Die Umgestaltung des Marine-Ehrenmals in Laboe führt jetzt auch zu Streit zwischen den Ehemaligen-Verbänden
Hans-Joachim von Leesen

Der Umgang des Deutschen Marinebundes (DMB), einer Vereinigung ehemaliger Mannschaftsdienstgrade und Unteroffiziere der Marine, mit dem ihm gehörenden Marine-Ehrenmal in Laboe stößt weiterhin auf Kritik (JF 21/07). Der aktuellen Ausgabe der Nachrichten der Marine-Offizier-Vereinigung und der Marine-Offizier-Hilfe kann man entnehmen, wie hoch die Wogen auf der gemeinsamen diesjährigen Mitgliederversammlung beider Organisationen schlugen.

Die Marine-Offizier-Vereinigung (MOV), die rund 3.400 Mitglieder hat, war offenbar von Anfang an nicht einverstanden mit dem, was der DMB mit dem Marine-Ehrenmal anstellt. Zunächst hatte der DMB den Sinn des ursprünglich für die im Ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Marinesoldaten errichteten Ehrenmals verändert, indem er es auch zu einem Gedenkstätte für "die auf See Gebliebenen aller Nationen" deklarierte. Bei vielen Marineoffizieren ließ offenbar die Aufführung der Oper "Nabucco" auf dem Gelände des Ehrenmals im vergangenen Jahr das Faß überlaufen. Der DMB rechtfertigte die ungewöhnliche Umwandlung eines Gefallenen-Ehrenmals zu einer Vergnügungsstätte mit der Notwendigkeit, Geld für die Umgestaltung und Restaurierung des imposanten Bauwerkes und der dazugehörigen Historischen Halle zu beschaffen (JF 33/07).

Auf der Mitgliederversammlung der MOV erfuhr man, daß die Vereinigung der Marine-Offiziere eine andere Auffassung hatte. Da aber das Laboer Ehrenmal im Privatbesitz des Marinebundes ist, gelangte der Vorstand der Offizier-Vereinigung zu dem Schluß, es sei sinnlos, Einspruch gegen die Opernaufführung einzulegen. Doch kam es zu einem Gespräch von Mitgliedern des MOV-Vorstandes mit der Marinebund-Spitze. Die Offiziere versuchten den DMB zu bewegen, auf derartige Veranstaltungen auf dem Ehrenmalgelände in Zukunft zu verzichten, da sie der "Kultur des Totengedenkens widersprechen". Das wurde abgelehnt. Der Vorstand des DMB wollte seine Freiheit behalten, Veranstaltungen gegebenenfalls zu wiederholen, da er Geld benötigte.

Im Verlauf des Gesprächs stellte sich heraus, daß es kein Konzept für das Marine-Ehrenmal gibt. Daher schlug die Offizier-Vereinigung vor, es schleunigst zu entwickeln. An erster Stelle müßte dabei die Antwort auf die Frage stehen, welches die jetzige direkte Bestimmung des Marine-Ehrenmals sein soll.

Man sei sich wohl einig, daß es in erster Linie, wie schon von seinen Schöpfern festgelegt, eine Gedenkstätte und ein Trauerort sein soll. Was aber, so die Offiziere, gedenke der Marinebund darüber hinaus mit dem Ehrenmal anzustellen? Und was soll das alles kosten?

Der Vorstand der MOV hatte moniert - das entnahm man der Diskussion -, daß der Marinebund, der über Geldmangel für das Ehrenmal klagt, tatsächlich einen Teil der Eintrittsgelder verwendet hat, um seine Geschäftsstelle auszubauen. Damit aber habe er gegen seine Satzung verstoßen. Der DMB sagte zu, diesem Mißstand abzuhelfen.

Der vom Marinebund angestellte Historiker Jann Markus Witt referierte über die geplante Umgestaltung der historischen Gedenkhalle. Er wiederholte mehrfach, die Halle dürfe nicht länger eine "Heldengedenkstätte" sein, sondern müsse zum "Versöhnungs- und Friedensmahl" werden, wozu gehöre, auch die "kritischen Punkte der Marinegeschichte" darzustellen.

Vizeadmiral a. D. Feldt machte darauf aufmerksam, daß auf einer im Ehrenmal gezeigten Ausstellung über den Schweren Kreuzer "Prinz Eugen" eine Informationsschrift verteilt worden sei mit dem Text: "Krieg ist Machtmißbrauch - unabhängig von den Motiven."

Der Admiral wollte nun wissen, ob man damit auch "die jetzigen Einsätze der heutigen Soldaten, die von einem Parlament beschlossen worden sind, in Frage stellt". Wolle man damit ausdrücken, daß Bundeswehrsoldaten, die an einer Mission in Afghanistan teilnehmen, Unrecht tun? fragte er. Witt ließ sich nicht beirren und blieb dabei: Es müsse Aufgabe eines Friedensmahnmals sein, auch solche Fragen zu thematisieren.

Ein ehemaliger Kapitänleutnant konstatierte, er sehe im internationalen Maßstab nichts Vergleichbares mit dem, was mit dem Laboer Ehrenmal jetzt geschehe. Ein Kapitän zur See a. D. forderte, man müsse vermeiden, daß das als Gedenkstätte für gefallene deutsche Soldaten errichtete Ehrenmal jetzt als Ort für parteipolitische Diskussionen im Sinne des Zeitgeistes mißbraucht werde.

Deutlich wurde, daß durch den Mißbrauch des Ehrenmals als Vergnügungsstätte ein tiefer Graben zwischen Offizier-Vereinigung und Marinebund aufgerissen wurde. Die Folgen sind noch nicht ausgestanden.

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