© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/08 15. August 2008

Christenverfolgung
Die Witwe des Märtyrers
Dieter Stein

Am 18. April 2007 wurden drei Christen, die für einen evangelischen Verlag im türkischen Malatya arbeiteten, von mutmaßlichen türkischen Nationalisten bestialisch ermordet. Unter den Opfern ein Deutscher, Tilman Geske. Seine Witwe erschütterte Beobachter mit ihrer Haltung: übermenschlich, wie Susanne Geske, zierliche Mutter von drei Kindern, bereits Stunden nach der Tat den Mördern öffentlich vergab - aus tiefster christlicher Überzeugung. Susanne Geske durchbrach ein Klima des Hasses, obwohl jeder Mensch Wut und Verachtung hätte nachvollziehen können.

Im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT (siehe Seite 3) schildert sie, die Ende Juli in Nürnberg für ihr Wirken den Walter-Künneth-Preis  der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis in Bayern verliehen bekam, wie sie den Mordanschlag erlebte, wie sie ihre Haltung und ihren Glauben erklärt und weshalb sie die Türkei nicht verließ, sondern mit ihren Kindern weiterhin in Malatya lebt.

Beklemmend ist es, wie schnell das öffentliche Interesse über einen solchen Fall hinweggegangen ist, während man sich in Deutschland beispielsweise nach einem Brand mit Todesfolge in einem von Türken bewohnten Haus in Ludwigshafen wochenlang von türkischen Medien und Politikern unter Druck setzen ließ, der türkische Ministerpräsident Erdoğan sogar zur Brandstelle fuhr, obwohl der Fall nicht geklärt war. Von Besuchen hochrangiger deutscher Politiker und kirchlicher Würdenträger in Malatya ist hingegen nichts bekannt ...

Von westlichen Medien weitgehend unbeachtet sterben jedes Jahr weltweit unzählige Christen für ihren Glauben. Der Theologe Thomas Schirrmacher, Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit und einer der führenden Experten für das Thema Christenverfolgung, erklärt, daß weit über neunzig Prozent aller wegen ihrer Religionszugehörigkeit ermordeten Menschen Christen sind!

Paul Murdoch, Leiter des Arbeitskreises Religionsfreiheit der Deutschen Evangelischen Allianz, spricht von etwa einem Dutzend dokumentierter Fälle pro Jahr, geht aber de facto von einer "fünfstelligen Zahl weltweit" aus. Nach Angaben des christlichen Hilfswerks Open Doors schließlich sind etwa 200 Millionen Christen in 25 Ländern wegen ihres Glaubens von Mißhandlungen, Gefängnis oder Tod bedroht. Zum Beispiel wurden alleine auf den indonesischen Molukken seit 1999 über 3.000 Christen umgebracht. In Laos hat das Regime im gleichen Jahr das Christentum zum "Staatsfeind Nummer eins" erklärt. In Nordkorea kommen Christen gar in Umerziehungslager, in denen sie unmenschlicher Behandlung häufig mit Todesfolge ausgesetzt sind. In Deutschland sterben jedes Jahr etwa vier bis fünf christliche Konvertiten iranischer Herkunft bei mysteriösen Unfällen.

Wir vergessen offenbar, daß das Martyrium für das Christentum nicht Geschichte ist, sondern andauert. Nur verschämt reagieren Kirchen in Deutschland auf das Glaubenszeugnis im bedrohten Ausland ... weil es an der eigenen Glaubenstreue mangelt?

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