© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/08 08. August 2008

Leserbriefe

Zu: "Gegen Landser helfen rote Panzer" von Felix Krautkrämer, JF 31-32/08

Peinliches Zetern und Zögern

Wird seitens der Politik etwa nicht immer getönt, unsere Bundeswehr dürfe nicht - wie seinerzeit die Reichswehr - ein Staat im Staate sein, sich abkapseln und isoliert vom Volk ein Eigenleben führen? Das hat sie von sich aus auch nie getan. Statt dessen ist sie von der Politik aber immer wieder wie ein Aussätziger in ihre Kasernen-Ghettos verbannt worden.

Es war die Politik selbst, die zwar in zunehmender Zahl Auslandseinsätze unserer Armee verfügte, die aber gleichzeitig und nach Kräften für das kümmerliche Nischendasein der Bundeswehr hierzulande gesorgt hat. Bestes Beispiel: Das schlimme Gezeter um das öffentliche Gelöbnis vor dem Reichstag aus Anlaß des 20. Juli. Irgendwelche subalternen Berliner Bürokraten hatten geglaubt, dem nicht zustimmen zu dürfen, weil der Rasen Schaden nehmen könnte. Und als die Politik nach peinlichem Zögern endlich ihre gnädige Zustimmung gab, glänzten die meisten Politiker durch Abwesenheit. Selbst unsere tolle Kanzlerin hatte zunächst wohl Wichtigeres zu tun und fühlte sich erst nach Kritik genötigt, der Zeremonie sicherheitshalber beizuwohnen.

Henning Burgwald, Kappeln

 

 

Zu: "Ein Gespenst geht um" von Dieter Stein, JF 30/08

Eine klarere Sicht der Dinge

Politiker vertreten zunächst ihre eigenen Interessen. Dann die Interessen ihrer Partei. Gleichzeitig vertreten sie das Interesse, ihren politischen Gegnern zu schaden. Danach gilt es, die Interessen ihrer Klientel zu vertreten.

Was dann für uns Deutsche übrigbleibt, wird als "vernünftige Politik für die Menschen in unserem Land" verkauft - oder sollte es besser heißen für dumm verkauft?

Man möge die Bezeichnung Politiker eine kurze Zeit durch das passende Wort Interessenvertreter ersetzen. Nicht lange, und man bekommt eine klarere und genauere Sicht der Dinge und auf das, was man uns hier weismachen will.

Ernst-August Feldmann, Berlin

 

 

Zu: "'Oh Gott, das wird jetzt peinlich'" von Hinrich Rohbohm, JF 30/08

Noch eine Stauffenberg-Schule

Wenn ihr Reporter zu Recht beklagt, daß in Deutschland nur zwei Schulen den Namen des Hitler-Attentäters Graf Stauffenberg trügen, kann ich diese Statistik in bescheidenem Maße aufbessern. Von 1978 bis 1989 war ich Schuldezernent der Stadt Frankfurt am Main. Als wir damals den zuvor nur mit Nummern versehenen Kaufmännischen Berufsschulen Namen gaben, regte ich persönlich die Benennung einer dieser Schulen nach dem Hitler-Attentäter an.

Seit nun etwa einem Vierteljahrhundert gibt es also auch in Frankfurt eine "Stauffenbergschule". Als Berufsschule "für Wirtschaft und Verwaltung" hat sie einen Bildungsauftrag, der ebenso bedeutend ist wie der eines Gymnasiums. Das Berufsbezogene dieses Auftrages rechtfertigt ebenso wie der Allgemeinbildungscharakter einer modernen beruflichen Schule die Namens­trägerschaft in hervorragender Weise.

Bernhard Mihm, Paderborn

 

 

Zu: "Konjunkturprogramm für Gerichtsprozesse" von Klaus Peter Krause, JF 29/08

Grundsteuer verdoppeln?

Geht es dem Staat wirklich darum, Energie einsparen zu lassen, oder nicht eher darum, nach der Renovierung die Grundsteuer zu verdoppeln?

Rolf Ihsen, Enger

 

 

Zu: "Nicht ohne deutsche Atomkraft" von Bernd-Thomas Ramb, JF 29/08

Mittlerweile eine Zumutung

Auch für den langmütigsten JF-Leser sind die gebetsmühlenartig vorgetragene Lobhudeleien auf die Atomkraft mittlerweile eine Zumutung. Dieses Thema hat eine ganz andere Dimension für unser Land und unser Zusammenleben, als es seine unerträglich flachen Abhandlungen vorgaukeln. Man lese zum Beispiel einmal in Frederic Vesters Buch "Die Kunst, vernetzt zu denken" nach, wie komplex sich das Abenteuer Kernenergie auf unser Staatswesen und weltweit auswirkt, darunter auch auf die Gesetzeslage.

Den berechtigten Widerstand gegen die Atomenergie in Deutschland in die Nähe des Terrorismus zu rücken, ist schon ein starkes Stück. Gewalttätigkeiten einzelner oder kleiner Gruppen sind selbstverständlich abzulehnen; das darf aber nicht dazu führen, die Abwehr besorgter Bürger gegen eine vom Staat aufgezwungene, lebensfeindliche Steinzeittechnologie in Verruf zu bringen und mit Strafen zu bedrohen.

Vielleicht kann sich die JF dazu durchringen, die Debatte einmal auf einer Doppelseite mit allem Für und Wider zusammenzufassen. Dann käme man auch weg von den parteipolitischen Betrachtungen, denen Ramb in seinen Artikeln soviel Aufmerksamkeit widmet. Es gilt den Zustand zu überwinden, daß die für Deutschland lebenswichtigen Fragen von Leuten entschieden werden, deren Horizont über den Saal der Fraktionssitzung nicht hinausreicht.

Helge Ohlsen, Hamburg

 

 

Zu: "Flut von Hurra-Meldungen" von Michael Paulwitz, JF 29/08

Eine alles entscheidende Frage

Man lacht im Ausland über uns? Egal, ganz egal! Ein Paradebeispiel ist der Einbürgerungs-Fragenkatalog, eine Schmierenkomödie sondergleichen.

In Neuseeland gibt es eine - eine! - alles entscheidende Frage: "Was können, wollen, werden Sie für unser Land tun?" Warum gibt es diese Frage offensichtlich, ebenso gewichtig, nicht bei uns?!

Heribert Groth, Northeim

 

 

Zu: "Das Erbe der DDR annehmen" von Jens Knorr, JF 29/08

Schlechte Sicht und Akustik

Ich frage mich wirklich, wie oft ihr Autor Aufführungen in der Berliner Staatsoper besucht hat. Vielleicht hatte er bei diesen Gelegenheiten die exklusive Möglichkeit, in der Mittelloge Platz nehmen zu können. Die Masse der Zuschauer muß allerdings mit Plätzen vorliebnehmen, die nur eine eingeschränkte oder gar keine Sicht auf die Bühne ermöglichen. Die schlechte Akustik muß gar mit sechzig (!) Lautsprechern aufgepeppt werden. Von derlei Phänomenen bleibt man in der von Knorr als "demokratisch" gescholtenen Deutschen Oper in der Bismarckstraße grundsätzlich verschont.

Übrigens ist es genau diese "demokratische" Baukultur, die Richard Wagner schon im 19. Jahrhundert einforderte und schließlich in Gestalt des Bayreuther Festspielhauses verwirklichte.

Dr. Stefan Lorenz, Berlin

 

 

Zu: "Das gebotene Maß an Nüchternheit" von Karlheinz Weißmann, JF 29/08

Krieg war längst beschlossen

Sogar französische Historiker sagen mittlerweile, daß der Krieg von Frankreich ausging und dies vor dem Hintergrund der innenpolitischen Probleme der Regierung. Bismarck kann man höchstens den Vorwurf machen, die Lage weidlich ausgenutzt zu haben, was ich jedoch für legitim halte. Im Gegensatz zu den Kriegen 1914 und 1939 ging der Kanzler des Norddeutschen Bundes 1870 kein sehr hohes Risiko ein, als er die Begegnung Wilhelm I. mit Benedetti in Bad Ems verkürzt in der "Emser Depesche" wiedergab und so die empfindsamen Franzosen reizte. Andererseits wurde durch penible Forschungen festgestellt, daß der Krieg französischerseits schon längst beschlossen war, bevor die Depesche Paris erreichen konnte.

Carl Günter Koch, Mainz

 

 

Zu: "Befreit sein zur Arbeit" von Götz W. Werner, JF 29/08

Bezug auf Steiner nicht legitim

Gut gemeint, aber schlecht überlegt soll nun der "Totale Sozialstaat" das erhoffte Paradies auf Erden bringen. Was schon Marx nach der Diktatur des Proletariats erträumte, nun ist es in Sichtweite gerückt: jedem nach seinen Bedürfnissen, jeder nach seinen Fähigkeiten!

Allerdings dafür Rudolf Steiner als Gewährsmann in Anspruch zu nehmen, ist nicht legitim. Dessen nationalökonomische Vorstellungen sind Lichtjahre entfernt von der Überlegung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Mit dem zitierten "Sozialen Hauptgesetz" meint Steiner die vollkommene Arbeitsteilung und nicht die Überführung von allen Einkünften an den Sozialstaat.

Die "Erträgnisse der Arbeit" sind erst einmal die erbrachten Produkte und Dienstleistungen und erst dann die eventuell erzielten Erlöse. Aber manche können bei dem Wort Ertrag nur an Kapitalerträge = Geld denken. Merke: Arbeiten und daraus Einkünfte erzielen sind zweierlei. Wenn die Produkte von niemandem verlangt werden, kann man keine Einkünfte erwarten, da hat Steiner auch wieder recht.

Das Soziale an der Marktwirtschaft entsteht dadurch, daß nur der Einkünfte erzielt, der sich nach den Bedürfnissen der anderen richtet. Wenn nun alle Leute ähnlich den Kapital-Rentiers Einkünfte erzielen, ohne sich nach den anderen richten zu müssen, dann wird ein antisoziales Verhalten geradezu hervorgerufen - das Gegenteil von dem, was Steiner durch die fortschreitende Arbeitsteilung kommen sah.

Dr. Gerhardus Lang, Boll

 

Gefundenes Fressen

Eine Serie zum sogenannten Grundeinkommen nach Werner hinterläßt den Eindruck, daß es in der gesellschaftlichen Entwicklung keine weiteren Alternativen als das Verteilen von oben nach unten gibt. Ein gefundenes Fressen für Ideologen der Linken, die sich so als Erfinder des "sozialen Perpetuum mobile" profilieren. Es gibt viele gute Argumente, den Leistungsgedanken als Triebkraft gesellschaftlicher Entwicklungen anzuerkennen. Mit der Verteilung von oben nach unten ist Zank und Streit auch in sogenannten unteren sozialen Schichten vorprogrammiert, weil nicht klar definiert ist, wo denn "oben" überhaupt beginnt. Jeder Gewerbeinhaber könnte hier sicher mit Beispielen aufwarten, wie er bereits als "Klassenfeind" eingestuft wird, obwohl er selbst ums Überleben kämpfen muß. Ist nicht die einfache Formel richtiger: Wer seine Pflicht tut, wer etwas leistet, wird gesellschaftlich anerkannt. Die Bereitschaft, die Leistungen des Nächsten anzuerkennen, ist inzwischen weitgehend verlorengegangen.

Dr. rer. nat. Martin Schweiger, Bad Schmiedeberg

 

 

Zu: " Das Volk bin ich" von Thorsten Hinz, JF 28/08

Linke haben es vorgemacht

Die Analyse über den Linkspopulisten Oskar Lafontaine ist völlig zutreffend. Richtig ist auch die Aussage: "Das Wollen der deutschen Rechten ist dabei völlig irrelevant".

Als langjähriger Kenner der sogenannten rechten Szene in München und Oberbayern möchte ich aber noch einen Aspekt hinzufügen. Der Erfolg der Linken resultiert auch aus einer konsequenten Konzentration auf eine politische Kraft - etwas, was bei den deutschen Rechten nicht gewollt ist. PDS und WASG haben vorgemacht, wie es geht, der Erfolg gibt ihnen tausendmal recht.

Bei der Landtagswahl in Bayern wird die Unfähigkeit der Rechten demnächst wieder einmal öffentlich dokumentiert. NPD und Republikaner werden sich einen beinharten Existenzkampf um 0,9 bis 1,1 Prozent liefern, der "Sieger" wird hinterher irrsinnige Erfolgsmeldungen abgeben. Wen soll das bitte noch interessieren?

Aber der absolute Hammer kommt jetzt: Es zeichnet sich deutlich ab, daß viele rechte Wähler wild entschlossen sind, in Bayern die Lafontaine-Linke zu wählen. Dies geschieht nicht nur aus Protest, sondern auch aus der Erkenntnis, daß nur die Linke eine realistische Chance hat, die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden und den Beckstein-Huber-Landtag aufzumischen. Dies ist dann die eigentliche Höchststrafe für eine unbelehrbare deutsche Rechte!

Wolfgang Buckow, Gröbenzell

 

 

Zu: "Lieber Hungerlohn als arbeitslos" von Klaus Peter Krause, JF 27/08

Keine vernünftige Wahl

Zuzahlungen an Arbeitnehmer mit geringem Lohn führen immer mehr zu Verwerfungen in der Gesellschaft. Einerseits führen sie zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Unternehmen, andererseits führt das für die 1,25 Millionen Menschen und deren Familien zu einer Ausgrenzung.Maßstab für die Vergütung sollte immer mindestens das Existenzminimum für den Arbeitnehmer sein. In der arbeitsteiligen Produktion ist der einzelne in die Technologie und Organisation der Arbeit eingebunden, und seine Personalkosten werden so in die Produktionskalkulation einbezogen. In diese Kalkulation gehen ebenfalls die Gehälter der Vorstände (auch wenn sie in bestimmten Fällen schon gegen die guten Sitten verstoßen), der sonstige gesamte Verwaltungsaufwand und auch Aufwendungen ein, die besser nicht getätigt werden sollten.

Wenn nun der Betrieb unter diesen Bedingungen am Markt nicht bestehen kann, muß er als krankes Unternehmen seine Tätigkeit einstellen - so heißt es in der ökonomischen Fachsprache. Rettungsversuche, das hat die Praxis gezeigt, sind in der Regel fehlgeschlagen. Bei akzepta­bler Entlohnung wird die noch zögerliche Binnennachfrage belebt, was wiederum zu höherer Produktion führt und damit ebenfalls auch dem Fiskus nützt.

Es kann also keine vernünftige Wahl sein: "Zwar Hungerlohn, aber immerhin Arbeit." Trendberechnungen zeigen, daß sich bei Beibehaltung der jetzt geübten Praxis die Gesellschaft einer Situation von 1848 nähert.

Hans-Georg Saeckel, Friedrichshof

 

 

Zum Schwerpunktthema: "CSU in der Krise", JF 27/08

Unabdingbar

Wer Franz Josef Strauß "auf freier Flur" zu einem x-beliebigen Thema selbst erlebt hat, müßte fast weinen angesichts dessen, was sein einziger bedeutender Schüler "zwangsweise" hinterlassen hat. Führerschaft ist ja bekanntlich etwas, was nicht erst seit heute suspekt geworden ist und nur noch in Wirtschaftskreisen in den Mund genommen wird. Dabei ist Führertum gleich welcher Art unabdingbar für ein gelingendes Dasein.Verantwortetes Führertum, versteht sich. Wir sehen es an der katholischen Kirche und erleben es an zahlreichen nichtkatholischen kirchlichen Gemeinschaften, die "demokratisch" vor sich hin wursteln.

Der Machiavellist in Strauß, anders gesagt: der Landesfürst in ihm, der das Staatsruder kenntnisreich, entscheidungsfreudig und möglicherweise für zarte Politikerseelen manchmal etwas barsch zu führen pflegte, wird vermutlich aus seiner Himmelsloge gar nicht mehr hinsehen mögen.

Benno Griebel, Altomünster

 

Er betrieb Atom-Aufrüstung

Wenn JF-Redakteuren zu Begriffen wie "konservativ", "rechts" oder "national" keine überzeugenderen politischen Inhalte einfallen als jene einst von Strauß und dessen Adlatus Edmund Stoiber verkörperten, dann gute Nacht!

Wäre es nur nach Strauß gegangen, dann hätten bereits in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Bundeswehreinheiten "unsere Freiheit" in Vietnam mitverteidigt! Der damalige Bonner Verteidigungsminister Strauß betrieb auch die westdeutsche Aufrüstung mit atomaren Trägersystemen wie dem Lockheed-"Starfighter", mit dessen Hilfe im Kriegsfall die atomare Auslöschung möglichst auf deutsch-deutsches Gebiet begrenzt werden sollte - um von den Rüstungskorruptionsaffären, an denen sich diese Herren bereicherten, einmal ganz abzusehen. Im Vergleich dazu sind Strauß-Epigonen wie Beckstein und Huber freilich Waisenknaben. Aber das gehört mit zum geringsten, was zu beklagen wäre.

Hermann Schaber, Karlsruhe

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