© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/08 25. Juli / 01. August 2008

Das Massaker von Katyn: Die Folgen der sowjetischen Bluttat reichen bis in die Gegenwart
Sein Leben lang lebte er in Furcht vor dem KGB
Michael Hofer

Katyn und kein Ende: Jahrzehnte nach dem berüchtigten Massaker an Tausenden polnischen Offizieren sind immer noch manche Rätsel offen. 2005 tauchte am gerichtsmedizinischen Institut in Kopenhagen der Schädel eines Ermordeten auf, mit Einschußlöchern.

Die Suche nach der Identität des Toten ist Ausgangspunkt der dänischen Dokumentation "Das Massaker von Katyn" von Lisbeth Jessen, die sich vor allem auf die Schicksale dreier internationaler Gutachter konzentriert. Nachdem Wehrmachtseinheiten 1943 die Massengräber entdeckt hatten, wurde eine unabhängige Kommission einberufen, um die Tat ausführlich zu dokumentieren. Die Kommission diente aber vor allem dem Zweck, in der Weltöffentlichkeit die Täterschaft der Sowjetunion anzuprangern und propagandistisch auszuwerten. Ironischerweise wurde gerade eines der am besten belegten Verbrechen des Zweiten Weltkriegs nachträglich massiv verwischt. In Nürnberg versuchten die Russen erfolglos, das Verbrechen den Deutschen anzulasten. Erst 1990 bekannte die sowjetische Regierung ihre Schuld.

Die Gutachter gerieten zwischen die Fronten des Weltbürgerkriegs: der Bulgare Markow widerrief auf Druck seine Aussage von 1943 und trat in Nürnberg als Kronzeuge der Sowjets auf. Auch der finnische Arzt Arne Saxén wurde nach dem Krieg von den Russen erpreßt. Er verließ Finnland und vernichtete alle Unterlagen, die auf seine Tätigkeit in Katyn verwiesen.

Im Mittelpunkt des Films steht jedoch der dänische Gerichtsmediziner Helge Tramsen. Er war der einzige der ursprünglichen Gutachter, der 1952 in Frankfurt seine Aussagen bestätigte. Sein Leben lang lebte er in Furcht vor den Sowjets. Seine älteste Tochter starb 1970 in Warschau unter mysteriösen Umständen, ihr Vater vermutete einen Racheakt des KGB.

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