© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/08 25. Juli / 01. August 2008

Meldungen

Medizinförderung: Hirn beim Denken zusehen

BONN. Wie jeder Konzern, der auf sich hält, möchte auch die ohne "Gewinnerzielungsabsicht" operierende, aus dem Staatssäckel finanzierte Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unter die global player gerechnet werden. Lange war dies für die größte deutsche Organisation zur Wissenschaftsförderung eher Wunsch als Wirklichkeit, doch im 21. Jahrhundert ist die internationale Ausrichtung der DFG mehr als Festtagsrhetorik. Nicht nur weil die DFG eine tragende Rolle im 2007 gegründeten Europäischen Forschungsrat (ERC) spielt, wo Grundlagenforschung nach DFG-Prinzipien gefördert wird. Wie der druckfrische Jahresbericht 2007 ausweist, internationalisiert sich auch die Projektförderung im Eiltempo. So entstand auf DFG-Initiative 2007 ein europäisches Netzwerk zur "Forschungsförderung für Großgeräte", eine Kooperation, die durch die Verteuerung von Geräten und Apparaturen vor allem in den medizinischen Wissenschaften erzwungen wurde. Noch im nationalen Verbund finanziert, aber inzwischen mit niederländischen Wissenschaftlern gemeinsam genutzt, arbeitet in Essen ein Acht-Millionen-Euro-Magnetresonanz-Tomograph, der aus dem experimentellen Stadium in die klinische Anwendung der Ganzkörperdiagnostik überführt werden soll. Von den gestochen scharfen Schnittbildern des Tomographen erhoffen sich Mediziner und Biologen neue Erkenntnisse über die Entstehung von Krebs, Multipler Sklerose und Suchtkrankheiten, und Neurologen hoffen gar, "dem Hirn beim Denken zusehen" zu können.

 

Tip für Europapolitiker: Reinhold Schneider lesen

FREIBURG. Im 50. Todesjahr vermißt der Politikwissenschaftler und bayerische Kultusminister a.D. Hans Maier eine "wissenschaftlich kommentierte Gesamtausgabe" der Werke des "katholischen Potsdamers" Reinhold Schneider (1903-1958). Von dem badischen Schriftsteller der "Inneren Emigration", den die frühe Adenauer-Republik mit Ehren überhäufte, dessen Werke Verkaufsschlager waren und stracks ins Deutsche Lesebuch wanderten, den Edzard Schaper als "Deutschlands Gewissen" rühmte - über diese zwei Meter große Leidensgestalt scheint die Zeit hinweggegangen. Von "christlicher Politik", an der er selbst zuletzt verzweifelte, redet heute niemand mehr. Trotzdem glaubt Maier an eine Neuentdeckung. Man müsse Schneider nur auf drei Feldern ins Rampenlicht setzen und schon sei eine Aktualisierung garantiert: als Mann des Widerstands im Dritten Reich, als Lyriker und, für den CSU-Mann Maier ein Herzensanliegen, als Inspiration für "Europapolitiker", denen er eine "entschieden übernationale, post-nationalstaatliche Perspektive" vermitteln könne (Stimmen der Zeit, 7/08).

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen