© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/08 25. Juli / 01. August 2008

Joachim Herrmann. Bayerns Innenminister ist Ausdruck der CSU-Personalkrise
Der Parteisoldat
Paul Rosen

Die Veränderungen in der CSU nach dem Abtritt von Edmund Stoiber haben eine Reihe von Politikern nach oben gespült, denen man früher einen Aufstieg in höchste Ämter des Freistaates nicht zugetraut hätte. Der 52jährige Joachim Herrmann ist so ein Fall. 2003 wurde der in München geborene und in Erlangen aufgewachsene Katholik Nachfolger im Amt des Vorsitzenden der Landtagsfraktion der CSU. Dieses Amt "gehörte" jahrelang dem mächtigen Oberbayern Alois Glück, der Landtagspräsident wurde und jetzt aufs Altenteil geht. Herrmann versuchte sehr schnell, die Fraktion gegen Stoiber zu instrumentalisieren. Mit dem CSU-Chef ging es langsam bergab, Herrmann dagegen sah sich auf dem aufsteigenden Ast. Als Stoiber 2005 nicht Wirtschaftsminister in Berlin werden wollte und zurück nach München flüchtete, kritisierte Herrmann Stoibers "Hoppla-Hopp-Politik", nachdem er zuvor schon durch Sticheleien aufgefallen war.

So richtig schien Herrmanns Stunde zu schlagen, als es 2007 mit Stoiber in Kreuth auf der Klausur der Landtagsfraktion zu Ende ging. Günther Beckstein und Erwin Huber hatten in der Nacht das berühmte Tandem gebildet und ihren Umsturz-Pakt geschmiedet. Herrmann trat am Tag danach vor die Presse und erklärte, obwohl der Sturz schon überall gemeldet wurde: "Wir, die Mitglieder der CSU-Landtagsfraktion, sprechen unserem Ministerpräsidenten das Vertrauen aus." Stoiber wurde damit der Lächerlichkeit preisgegeben. Es soll, laut einigen in München umlaufenden Gerüchten, mehrere Stunden gedauert haben, ehe der neue Ministerpräsident Beckstein Herrmann soweit gebracht hatte, einer Berufung ins Kabinett zuzustimmen.

Jetzt ist der Jurist und Vater von drei Kindern, der zudem Reserveoffizier der Bundeswehr ist, Innenminister des Freistaates und somit für die Sicherheit in Bayern verantwortlich. Und er kämpft - natürlich - "gegen Rechts". Herrmann übernahm die Patenschaft für eine Berufsschule, die sich der Initiative "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" angeschlossen hatte. Er bleibt damit nicht nur auf der Linie seines Vorgängers Beckstein, der gegen alles, was sich rechts von der CSU auftat, mit schärfsten Mitteln vorging und sich nicht zu schade war, harmlose Studenten in den Verfassungsschutzbericht aufzunehmen, wie im Fall der Burschenschaft Danubia (JF berichtete).

Herrmann geht noch einen Schritt weiter: Er betreibt eine demonstrative Zusammenarbeit mit "Gegen-Rechts"-Projekten, die in nicht wenigen Fällen direkt auch gegen in der CSU beheimatete konservative Anschauungen agitieren dürften.

In der Öffentlichkeit wirkt Herrmann unbedarft. Dennoch gibt es Abgeordnete, die ihn sich in der "Nach-Tandem-Zeit" an der Spitze der Staatsregierung vorstellen können. Es gibt andere Stimmen in der heute noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit regierenden Fraktion, die sagen, das könne dann nur noch eine Koalitionsregierung sein.

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