© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/08 18. Juli 2008

UMWELT
Der Bürger ist der Dumme
Volker Kempf

Etwa 30.000 Liter radioaktive Uranlösung sind in Südfrankreich aus dem Atomkraftwerk Tricastin über die Kanalisation in zwei Rhône-Zuflüsse gelangt. Das haben die Anwohner aber erst 17 Stunden später erfahren. Wer deutsche Behörden für besser hält, sei daran erinnert, was die Süddeutsche Zeitung am 7. Mai 1986 anläßlich der Tschernobyl-Katastrophe vom 26. April schrieb: "Wer sich auf die Behörden verläßt, muß sich verlassen fühlen, denn in deren Amtsstuben geht es in diesen Tagen eher konfus zu, wie alle Umfragen zeigen. Schon nach den Regenfällen am Mittwoch voriger Woche war klar, daß die Bundesrepublik in bezug auf Strahlenbelastung nicht ungeschoren davonkommen würde. Doch erst drei Tage später gab die Strahlenschutzkommission in Bonn Richtwerte für Frischmilch und Gemüse heraus." Die bürokratischen Mühlen mahlen langsam, der Dumme ist dabei, wer auf ihre Leistungen angewiesen ist: der Bürger. Und da alles schnell vergessen wird, ändert sich nicht wirklich etwas.

So war auch erst im Juni öffentlich geworden, daß sich in dem Forschungsbergwerk Asse seit Jahren radioaktive Salzlauge befindet, welche die zulässigen Grenzwerte um das bis zu Neunfache überschreitet und das Grundwasser belasten könnte. Warum wird das erst jetzt bekanntgegeben? Laut Bundesumweltministerium hat das zuständige Landesbergamt gegen geltendes Strahlenschutzrecht verstoßen, ein Untersuchungsausschuß soll Klarheit schaffen. Das ändert aber nichts daran, daß die Lagerstätte Atommüll für Millionen von Jahren aufbewahren sollte, aber schon nach 40 Jahren nicht wasserdicht und obendrein brüchig ist. Vertrauen bringt das alles nicht ein, da hilft auch die beste Nukleartechnik nicht weiter.

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