© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/08 04. Juli 2008

Frisch gepresst

Ernst Jünger. Eugen Gottlob Winkler war kein langes Leben beschieden. Nur 24 Jahre alt, entschloß er sich im Oktober 1936, "Hand an sich zu legen". Das literarische Werk, das er hinterließ, paßte 1937 in zwei mäßig starke Bände. Walter Jens glaubte in diesen Texten nach 1945 trotzdem zu entdecken, daß hier jemand schreibe, der disponiert gewesen sei, das "wissenschaftliche Zeitalter" in Worte zu fassen. Zu einer Aktualisierung Winklers führte solche Lobeshymne allerdings auch nicht. Zu stark war die Gegenmeinung, ihm fehle das Originäre. Wer diese kontroverse Einschätzung überprüfen möchte, sollte sich vor allem Winklers Essayband "Gestalten und Probleme" antiquarisch beschaffen, der Deutungen zu Stefan George, Platon, Hölderlin, Marcel Proust oder die 1937 schon in die Verfemung rutschende Elisabeth Langgässer offeriert. Man kann sich aber auch mit dem Jünger-Aufsatz dieses Bandes begnügen, den Erik Lehnert für eine separate Publikation ausgewählt und mit einem Nachwort zu Person und Werk Winklers versehen hat (Ernst Jünger und das Unheil des Denkens. Kaplaken, Band 8. Edition Antaios, Schnellroda 2008, gebunden, 64 Seiten, 8 Euro).

 

Hans-Dietrich Sander. Fichtes "Selbstdenker" ist in diesen Zeiten auf der roten Liste zu finden. Artenschutz genießt er deswegen aber noch lange nicht. Der Mecklenburger Hans-Dietrich Sander ist zweifelsohne ein Prachtexemplar dieser Gattung. Seine dem "nationalen Imperativ" gehorchende Biographie liest sich wie ein "Alternativkommentar" zur "Werteordnung" des Grundgesetztes. Das dieser Angehörige der Flakhelfer-Generation, der sich 1945 keine "Schuldgefühle" antrainierte, als politischer Publizist schon in der alten BRD nur eine ins "rechte Ghetto" ausgegrenzte, gefährdete Existenz führen konnte, verwundert daher nicht (JF 25/08). Erstaunlich ist indes, daß der Einzelkämpfer Sander ab 1990 mit seinen in Kleinstauflage verbreiteten Staatsbriefen "Wirkung" erzielen und ein paar Jüngere zum "Selbstdenken" ermuntern konnte. Dies belegt das von Heiko Luge edierte "Liber amicorum für den nationalen Dissidenten Hans-Dietrich Sander" (Grenzgänge, Ares Verlag, Graz 2008, gebunden, 352 Seiten, Abbildungen, 29,90 Euro), an dem sich fast fünfzig Beiträger beteiligten. In zwei brillanten Lageanalysen greifen die Juristen Thor von Waldstein und Björn Clemens die zentrale Frage der Staatsbriefe wieder auf: Erlischt die Substanz des deutschen Volkes in der "Bundesrepublik", oder verläuft deren "Höllenfahrt" (Sander) in einem Tempo, das Zeit gewährt, die Brücke der Titanic zu stürmen? Es gibt wenig Grund zur Zuversicht, aber wie die nicht minder scharfen Inspektionen von Bernd Rabehl oder Peter Furth zeigen, ist wenigstens ein Hoffnungsschimmer auszumachen: Der Geist steht rechts.

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