© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/08 04. Juli 2008

Zeitschriftenkritik: Damals
Alltag in Babylon
Werner Olles

Das im 40. Jahrgang monatlich erscheinende Magazin für Geschichte und Kultur Damals wartet in seiner aktuellen Ausgabe mit dem Titelthema "Babylon und die Ursprünge unserer Kultur" auf. Mit Fug und Recht kann das in der abendländischen Erzähltradition eine große Rolle spielende Babylon als eine der Wiegen unserer Kultur bezeichnet werden. Dies wird um so offenkundiger, je mehr Ergebnisse die Archäologen und Philologen zutage fördern. Ob in der Mathematik, Geometrie oder Astronomie: Zentrale Ansätze lassen sich immer wieder in Babylon entdecken. Daneben widmen sich die verschiedenen Beiträge zum Schwerpunktthema Fragen nach dem babylonischen Alltagsleben, den religiösen Kulten und Mythen, aber auch den Ernährungsgewohnheiten und Wohnverhältnissen der Stadtbewohner in der neubabylonischen Epoche. Dank der vielen Ausgrabungen ist es inzwischen längst möglich, der Stadt und ihren Einwohnern gleichsam direkt zu begegnen. So erschließt sich dem interessierten Leser auf über vierzig reich bebilderten Seiten die faszinierende Welt der bedeutendsten Metropole des Alten Orients.

Über die "Armee im Verborgenen" berichtet Rainer Gries. Tatsächlich schuf der mitteldeutsche Staat in der Sowjetisch besetzten Zone (SBZ) bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg eine kasernierte Polizeitruppe, die möglichst im Hintergrund bleiben sollte. Aus diesen "Bereitschaften" der Volkspolizei entwickelte sich später die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR. Zu diesem Zweck hatte die SED ab 1946 zahlreiche Generale und Hunderte Offiziere der Wehrmacht rekrutieren lassen. Doch mußten die angehenden Polizeisoldaten zuvor einige Bedingungen erfüllen: Sie sollten sich schon in sowjetischer Kriegsgefangenschaft zum "Antifaschismus" bekannt oder im Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD) mitgewirkt haben, politisch also auf die "richtige" Seite gewechselt sein. Und sie mußten bereit sein, auch weiterhin eine Uniform zu tragen, die bewußt an das sowjetische Vorbild angelehnt war. Nur Mütze und Mantel sowie Kragen und Kragenspiegel erinnerten noch an deutsche Traditionen. Erst 1956, zehn Jahre später, rückten auch in der Bundesrepublik die ersten Freiwilligen in westdeutsche Bundeswehrkasernen ein.

Über den römischen Kaiser Septimus Severus heißt es in einem weiteren Beitrag, daß seine Heimatregion unter diesem aus dem nordafrikanischen Libyen stammenden Herrscher, der zwischen 193 und 211 die Geschicke des Imperiums lenkte, eine wahre Blütezeit erlebte. Zwar war Libyen schon seit den Zeiten der Phönizier wirtschaftlich und kulturell herausragend, doch Septimus Severus wollte nicht nur den Menschen in der römischen Wahlheimat seine Erfolge vor Augen führen. Mit noch größerer Intensität kümmerte er sich um seine afrikanische Heimat. So machte er seinen Geburtsort Leptis Magna zu einer beeindruckenden Visitenkarte imperialer Baukunst und eigener Leistungsfähigkeit als römischer Kaiser.

Anschrift: Konradin Medien, Ernst-Mey-Str. 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen. Einzelheft 6,10 Euro. Jahresabo 81,50 Euro (Schüler, Studenten 62,30 Euro).

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