© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/08 04. Juli 2008

Bilder schaffen
Institut für Staatspolitik: Kolleg in Frankfurt am Main
Fritz Keilbar

Ein einzelner Mann steht an der Absperrung und unterhält sich mit einem Polizisten. Im Arm hält er die Fahne der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Offenbar will er mit seiner Anwesenheit den von antifaschistischer Seite angekündigten Protest zum Ausdruck bringen. Später gesellen sich noch eine Handvoll Genossen zu ihm, alles bleibt ruhig. Kaum jemand der einhundert Besucher hat sich durch die Drohungen der Frankfurter Antifa vom Besuch der Veranstaltung abhalten lassen, obwohl es im Vorfeld des Auftakts zur deutschlandweiten Kollegreihe (Frankfurt am Main, Berlin, München, Düsseldorf) des Instituts für Staatspolitik (IfS) einige Verwirrung gegeben hatte.

Der ursprünglich vorgesehene Tagungsort, das Intercity-Hotel am Bahnhof, war auf Druck der "Anti-Nazi-Koordination Frankfurt a. M." gekündigt worden. Die Suche nach einem Ausweichquartier gestaltete sich schwierig. Eine Burschenschaft sagte erst zu, dann wieder ab. Ein Gastwirt sagte ebenfalls ab, nicht ohne den Hinweis, daß ihn das an die achtziger Jahre in Polen erinnere. Schließlich wurde doch noch ein Tagungsort gefunden.

Angesichts solcher Umstände lag die Frage nach der "Legitimität des Widerstandes" nahe. Grundlage jeden Widerstands, so Frank Lisson, sei die Selbsterziehung. Man müsse sich auf seine innere Stimme verlassen können, da die Unterscheidung zwischen Gut und Böse in der öffentlichen Meinung nicht gewährleistet sei. Das hänge vor allem damit zusammen, daß die heutigen Meinungsmacher vor allem ehemalige Linksradikale seien: "Warum sollen wir uns ausgerechnet von euch moralisch bevormunden lassen?" Lisson plädierte deshalb für eine bewußte Entscheidung zur "geistigen Freiheit und Persönlichkeit". Statt vom "abgerichteten Massenmenschen" gelte es von der Ausnahme auszugehen, und das sei man selbst, so Lisson.

Karlheinz Weißmann konstatierte einen Legitimitätsverlust des Staates und der Politik. Dieser sei nicht konjunkturabhängig und auch nicht mit einer Emotionalisierung der Politik aufzufangen, wie dies in den Vereinigten Staaten praktiziert werde.

Als Ursache für diesen Verlust führte er die zunehmende Infragestellung des Glaubens an die Gesellschaft und die Demokratie ins Feld. Beide seien ohne Staat und Volk nicht lebensfähig. Der hilflose "Appell an die Gesellschaft" laufe ins Leere, und die zunehmende Rede von der "Staatsbedürftigkeit" sei ein Indikator für das drohende Chaos. Allem Anschein zum Trotz, so Weißmann,  hätten die Eliten dies genau registriert und arbeiteten an der Absicherung der Macht, sowohl mit subtilen (Verwirrung der Begriffe) wie mit polizeistaatlichen Methoden. Demgegenüber gelte, es den organischen Bestand in unserem Land zäh zu verteidigen. Dazu sei es notwendig, die Größen Volk und Nation im politischen Raum zu repräsentieren und den Glauben an die Reformierbarkeit unseres Gemeinwesens nicht aufzugeben.

Konkreter wurde es im zweiten Teil der Veranstaltung. Felix Menzel, Redakteur der Blauen Narzisse, forderte dazu auf, zur Identifikation aufrufende Bilder zu schaffen. Insbesondere die 68er hätten sich auf diesem Weg ihren Status unhinterfragbarer Deutungshoheit selbst geschaffen. Da politische Identität über Bilder erzeugt werde, sei es an der Zeit, dem etwas entgegenzusetzen. Diesen Faden nahm Götz Kubitschek auf, indem er auf die "Konservativ-subversive Aktion" verwies, an der sich einzelne Personen aus dem IfS und dessen Umfeld beteiligt hätten, um den 68er-Kongreß in Berlin  in seiner Selbstgewißheit zu stören (JF 20/08).

Kubitschek nannte drei Punkte, die mit solchen Aktionen erreicht werden sollten: die Störung des Gegners, Werbung für die eigene Sache und die Selbstvergewisserung des Einzelnen. Solche Aktionen erforderten Kreativität, Organisationsvermögen und persönlichen Mut: Tugenden, die es wieder zu wecken gelte, wenn die Schere zwischen Tun und Sagen nicht zu groß werden solle. So könne auch eine politische Randgruppe zunächst wenigstens momentane Deutungshoheit erlangen und "Herr der Lage" werden.

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