© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/08 20. Juni 2008

Präventivschlag gegen Iran
Den Autopiloten stoppen
von Günther Deschner

Kriegstreiberisch und überzogen. Anders kann man die israelischen Äußerungen zum Iran nicht nennen. Sie lassen nur zwei Deutungen zu: Es handelt sich um Säbelrasseln, das den politischen Forderungen Israels und seiner Freunde Nachdruck verleihen soll, oder der Countdown für einen Krieg gegen den Iran hat schon begonnen. Beim USA-Besuch forderte Ehud Olmert "drastische und robuste Maßnahmen" gegen Teheran. Olmerts Vize Shaul Mofaz nannte einen Militärschlag gegen den Iran sogar "unvermeidbar". Auch US-Außenministerin Rice beschuldigte den Iran einmal mehr, nach Atomwaffen zu streben. Der Bericht aller US-Geheimdienste, der jüngst zu dem Ergebnis gekommen war, daß der Iran sein Atomwaffenprogramm bereits 2003 eingestellt hat, wird damit vollständig ignoriert.

Es kommt einem so vor, als hätte Israel noch nicht oder nicht mehr die Kraft gefunden, sich auf die Veränderungen des strategischen Schachbretts durch politische Neuansätze einzustellen: Die letzten militärischen Konfrontationen in der Region - Afghanistan, Irak, Libanon - haben sich letztlich zugunsten des Iran, nicht Israels, ausgewirkt. Doch Israel hat seine Iran-Politik nicht den neuen Realitäten angepaßt, wirkt strategisch wie gelähmt und hat auf Autopilot geschaltet. Wenn die Politpiloten jetzt nicht eingreifen, dann ist es vielleicht bald zu spät.

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