© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/08 13. Juni 2008

Bekenntnisorientiert
Medien: Der Journalist Thomas Habicht kritisiert einseitige politische Ausrichtung
Torsten Uhrhammer

Ein "linkes Gesinnungsklima" attestiert der Abteilungsleiter Kulturradio/Politik des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Thomas Habicht, weiten Teilen des deutschen Journalismus. Auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Hamburg referierte er zu der Fragestellung "Information oder Manipulation - Die Medien in der politischen Willensbildung". Die Verlage und damit die Journalisten seien heute mehr denn je auf das Massenpublikum einerseits und das Anzeigeaufkommen andererseits angewiesen. So seien die Printmedien zu 50 bis 70 Prozent vom Anzeigengeschäft abhängig. Dies führe soweit, daß selbst eine Steigerung der Auflagenzahl und der Abonnenten Entlassungen nicht verhindern könne, wenn diese den Rückgang des Anzeigenaufkommens nicht kompensierten.

Eine Wahl zu gewinnen, sei etwas anderes, als ein Land zu regieren, so Habicht. Doch komme es aufgrund der Veränderung der Urteilsbildung der Wähler immer mehr auf ersteres an. So gebe es im Westen 40 und im Osten gar 70 Prozent Wechselwähler. Daher sei die Beeinflußbarkeit der Wähler größer als früher. Als meinungsführend unter deutschen Journalisten und am wirkmächtigsten auf Politiker bezeichnete er die Seite zwei der Bild-Zeitung. Aber auch die Chefredakteure von ARD, ZDF sowie den überregionalen Tageszeitungen seien "Alpha-Tiere", welche den täglichen Themen- und Meinungstrend innerhalb der journalistischen Klasse vorgäben.

Da sich jeder Journalist nennen dürfe, sei eine Qualifikationsoffensive angezeigt. Er forderte ein abgeschlossenes Hochschulstudium sowie das Erlernen des Selektionsvermögens. Von den täglich über 2.000 Agenturmeldungen bringe etwa die Tagesschau nur 20. Dabei seien aber die Meldungen selbst häufig schon von den persönlichen Einstellungen der Agentur-Redakteure gefärbt. Insbesondere im Vergleich zum britischen Journalismus sei der deutsche leider bekenntnisorientierter. Er selbst sei aber auch zuversichtlich, da er die neue Generation als deutlich unideologischer als die Achtundsechziger erlebe.

Im Osten seien die ehemaligen SED-Bezirkszeitungen allerdings zum Teil noch immer von Seilschaften geprägt, die schon zu DDR-Zeiten sozialistisch und "gegen den Westen" schrieben. Heute wirkten sie verstärkend auf vorhandene anti-westdeutsche Ressentiments und allgemeine Unzufriedenheit und schrieben diese zum Teil sogar herbei. Als er einen der neuen westdeutschen Eigentümer, den "tiefschwarzen" Verleger Hubert Burda, darauf ansprach, habe dieser ihm nur geantwortet, "die Leute wollen das lesen".

Deutschlandweit sei eine "Toleranz­enge" gegenüber patriotischen Themen festzustellen. Während Linksextremismus eine gewisse Akzeptanz finde, würden konservativ-patriotische Positionen sofort in "Nazi-Nähe" gerückt. "Wir haben es mit einem antifaschistischen Grundkonsens zu tun", dieser habe sukzessive den antitotalitären Geist der alten Bundesrepublik verdrängt. Wie dagegen anzugehen wäre, ließ Thomas Habicht allerdings offen.

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