© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/08 13. Juni 2008

Alexander von Stahl. Der Nationalliberale und Ex-Generalbundesanwalt wurde siebzig
Nation und Freiheit
Detlef Kühn

Den Namen Alexander von Stahl - der am Dienstag dieser Woche seinen siebzigsten Geburtstag feierte - nur mit dem der mecklenburgischen Kleinstadt Bad Kleinen zu verbinden, wäre unangemessen. Für diese Zeitung und ihre Leser wird er vor allem stets der Mann sein, der 2005 als ihr Prozeßvertreter das Land Nordrheinwestfalen, das die Pressefreiheit der JUNGEN FREIHEIT maßgeblich einschränken wollte, vor dem Bundesverfassunggericht bezwang. Ein Urteil über das die Frankfurter Rundschau befand: "Ein nicht unwichtiger Tag für diese Republik." Oder das der Focus "ein wichtiges Urteil für die Meinungsfreiheit" nannte.

Sonst aber wird man wohl zuerst an die aus dem Ruder gelaufene Antiterroraktion der GSG 9 im Mecklenburgischen im Juni 1993 denken, in deren Folge die unter Druck geratene Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger den ihr unterstellten Generalbundesanwalt Alexander von Stahl, einen FDP-Parteifreund, als Bauernopfer in den einstweiligen Ruhestand versetzte. Ein Schelm, wem dabei einfiel, dies könnte auch etwas mit der Tatsache zu tun gehabt haben, daß von Stahl als Vertreter des damals noch recht kräftigen nationalliberalen Flügels der FDP galt, was man seiner Ministerin nicht nachsagen konnte.

Der Jurist Alexander ("Sascha") von Stahl, aus einer deutschbaltischen Literatenfamilie stammend und 1938 in Berlin geboren, hatte zu dieser Zeit schon eine beachtliche Karriere hinter sich, die 1969 als wissenschaftlicher Mitarbeiter der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus begann und ihn zügig in das Amt des Staatssekretärs in der dortigen Justizverwaltung führte. Hier hatte er Gelegenheit, unter fünf Justizsenatoren zu dienen, die durchaus nicht alle der FDP angehörten. Er war bis 1989 sozusagen der ruhende Pol im Hause.

Nachdem von Stahl 1990 die Nachfolge von Generalbundesanwalt Kurt Rebmann antreten durfte hatte er nur wenig Zeit, dieses Amt zu prägen. Nach seinem unfreiwilligen Ausscheiden kümmerte er sich besonders um die FDP, in deren Berliner Landesverband die Nationalliberalen um ihr Überleben kämpften. Alexander von Stahl wurde ihre Galionsfigur. Zusammen mit dem ehemaligen hessischen FDP-Vizefraktionschef Heiner Kappel gab er 1996 bei Ullstein eine Aufsatzsammlung heraus, "Für die Freiheit. Plädoyer für eine liberale Erneuerung", in der er sich mit dem immer noch aktuellen Thema "Liberalismus und Nation" beschäftigte. In den innerparteilichen Grabenkämpfen der neunziger Jahre schlug von Stahl sich wacker. Zweimal kandidierte er für den Berliner Landesvorsitz und unterlag jeweils nur knapp. Danach konnte er die Marginalisierung der Nationalliberalen nicht verhindern, die entweder aus der FDP gedrängt wurden oder sie freiwillig verließen. So ist "Sascha" von Stahl in der FDP zu einem Erinnerungsposten dafür geworden, daß es nach wie vor falsch ist, die großen nationalliberalen Traditionen der Partei zu verleugnen.

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