© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/08 13. Juni 2008

Kolumne
Sind die Spekulanten an allem schuld?
Bruno Bandulet

In den Massenmedien - so auch in der aktuellen Titelgeschichte des Hamburger Spiegel - ist ständig zu lesen, die internationalen Spekulanten seien daran schuld, daß Energie, Rohstoffe und Nahrungsmittel immer teurer werden. Bei genauem Hinsehen ist das nicht einmal eine Halbwahrheit.

Erstens: Wer über steigende Ölpreise spricht, sollte nicht unterschlagen, daß das Faß Öl vor dem Einmarsch der USA in den Irak im März 2003 weniger als 40 Dollar kostete. Ein ähnlicher Zusammenhang besteht zwischen der jüngsten Preisexplosion am Ölmarkt und der Drohung von Israels Premier Ehud Olmert mit einer Militäraktion gegen den Iran. Eine Bombardierung Persiens hätte zur Folge, daß das Land seine Ölexporte stoppt und die Straße von Hormuz blockiert. Kein Wunder, daß die Märkte beunruhigt sind. Im übrigen haben die spekulativen Kaufpositionen an der New Yorker Ölbörse seit dem Sommer 2007, als das Faß Öl deutlich weniger als 100 Dollar kostete, nicht zu-, sondern abgenommen! Ergo: Selbst am Ölmarkt ist die Spekulation nur ein Faktor unter anderen.

Zweitens: Für die Autofahrer in Deutschland wäre Benzin nicht teuer, würde nicht der Fiskus die Hälfte kassieren. Niemand, weder die Produzenten noch die Raffinerien, verdient auch nur annähernd soviel an den Ölprodukten wie der Staat.

Drittens: Viele Agrarprodukte, auf deren Export die Dritte Welt angewiesen ist, sind nicht etwa zu teuer, sondern zu billig. Zucker liegt unendlich weit unter den Spitzenpreisen von 1974, Kakao weit unter denen von 1977, und Kaffee ist um mehr als die Hälfte billiger als 1997 am Hoch. Dabei ist die enorme Inflation der letzten Jahrzehnte nicht einmal berücksichtigt. Weizen war zeitweilig teuer, ist aber zuletzt am Terminmarkt wieder drastisch abgerutscht. Nur Mais - ein Grundnahrungsmittel zum Beispiel in Mexiko - ist prohibitiv teuer. Warum wohl? Weil er in den USA zu Sprit verbrannt wird. "Kriminell" nannte das der frühere Uno-Sonderberichterstatter Jean Ziegler.

Viertens: Die mit Abstand größte Preissteigerung aller Energieträger verzeichnet Kohle. Nur: Die Spekulanten können Kohle gar nicht kaufen.

Und fünftens: Ja, für den Verbraucher ist vieles teurer geworden. Das ist unvermeidlich, wenn die Notenbanken die Geldmengen um zehn Prozent pro Jahr steigen lassen. Ohne Geldmengenausweitung gäbe es keine Teuerung. Die Geldmenge wird aber nicht von den Spekulanten, sondern von den Notenbanken aufgeblasen, allen voran die US-Fed.

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des DeutschlandBriefes und des Finanzdienstes G&M.

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