© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/08 13. Juni 2008

Gerhard-Ritter-Debatte
Anti-totalitär
von Klaus Schwabe

Es war sehr verdienstvoll, daß die Initiatoren des Freiburger Podiumsgespräches die Rufschädigung Gerhard Ritters, die sich die Badische Zeitung unter dem Beifall der "Zeit" geleistet hat, einem interessierten Publikum bewußt gemacht haben. Das bleibende Ansehen des Historikers sollte jedoch auf seinem Lebenswerk beruhen, das die Zeit vom Humanismus des 16. Jahrhunderts bis zum deutschen Widerstand umfaßt. Immerhin behalten auch die Beiträge, die er als politisch engagierter Zeitzeuge zu den großen Auseinandersetzungen seiner Epoche erbracht hat, ihre Bedeutung. Leidenschaftlich anteilnehmend, wie er war, hat er da in Einzelfällen gewiß auch einmal danebengegriffen.

Die politische Botschaft, an der er sein Leben lang festgehalten hat, ist jedoch auch heute noch nicht überholt: Sie lag in seiner Gegnerschaft gegen jeden massengestützten politischen Radikalismus - bis 1945 in erster Linie von rechts. Aus dem Kritiker der Alldeutschen im Ersten Weltkrieg wurde der Feind der Hitlerschen Massenbewegung, der die Weimarer Republik als parlamentarischer Rechtsstaat zum Opfer fiel. Im Vorfeld der 68er-Jahre ahnte er ähnliche Gefahren eher auf der linken Seite. In seiner anti-totalitären Haltung blieb er sich bei alledem treu.

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