© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/08 30. Mai 2008

Kolumne
Pseudointellektuelle "Brückentheorien"
Klaus Hornung

In Deutschland laufen gegenwärtig zwei publizistische Unternehmen nebeneinander, die unterschiedlicher nicht sein können. Im Spiegel gibt es die Serie "Die Zukunft der Demokratie": eine sachlich-differenzierte, besorgte Bilanz der "Abnützungserscheinungen" der zweiten deutschen Demokratie, die nächstes Jahr ihren 60. Geburtstag feiert, nicht ohne intelligente demokratische Selbstkritik.

 Der Hamburger  Zeit hingegen fällt nichts besseres ein als ein ödes Wiederaufkochen des "Aufstands der Anständigen", den kein anderer als Gerhard Schröder im Jahr 2000 zur Stabilisierung seiner rot-grünen Koalition ausgerufen hatte. Anlaß war damals der Brandanschlag auf eine Düsseldorfer Synagoge, bei dem sich später allerdings weder ein rechtsextremistisches Motiv noch eine solche Täterschaft herausstellte. Dort, im Spiegel eine lesenswerte Analyse der Krisenerscheinungen der deutschen und europäischen Demokratien, in der Zeit hingegen die Holzhammermethoden der Political Correctness. Schon der Bildbegriff des "Netzes gegen Nazis" im Internet geht daneben, will er doch so etwas wie die Reinigung unseres gesellschaftlichen Teiches von allerlei Getier und Gewürm nahelegen. Vor allem nimmt die alte Tante in Hamburg nun einfallslos alle Kennzeichen des klassischen antifaschistischen Kampfes auf, der seit den Tagen Lenins und Stalins stets Rechtsextremisten und "Rechte" in denselben, eben den "faschistischen" Topf warf: Konservative, Liberale oder "Bürgerliche". Das war schon Stalins Methode, der die Sozialdemokraten als "Sozialfaschisten" etikettierte und gar für schlimmer hielt als die echten "Nazifaschisten". Auch heute gibt es bei unseren Antifaschisten nichts Neues unter der Sonne, wenn sie jetzt etwa die JUNGE FREIHEIT, das Studienzentrum Weikersheim, das Institut für Staatspolitik oder die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft gezielt und primitiv mit den Dumpfbacken der rechtsextremen Szene in einen Topf werfen, obwohl jene von diesen so weit voneinander entfernt sind "wie die Flötenkonzerne von Sanssouci vom Horst-Wessel-Lied".

Freilich: Wundere sich niemand, wenn sich nun auch in der Netzjagd der Zeit die altbekannten Methoden des "antifaschistischen Kampfes" mit ihren Rufmorden, Lügen, Unterstellungen, pseudointellektuellen "Brückentheorien" dümmlich wiederholen, hat man doch in Hamburg mal wieder auf die alten, im Internet bestens bekannten Zampanos dieses Kampfes - meist linksextremistischer Herkunft - zurückgegriffen.

 

Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaft an der Universität Hohenheim.

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