© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/08 23. Mai 2008

Frisch gepresst

Käthe Kollwitz. Ein kleines Meisterwerk, was Lorenz Grimoni und Wolfram Eggeling da als Katalogbüchlein dem Besucher einer Ausstellung in die Hand gaben, die im Januar 2008 im Duisburger Museum Stadt Königsberg zu Ende gegangen ist. Sie galt der 1867 in der „Stadt der reinen Vernunft“ geborenen Käthe Schmidt, verheiratete Kollwitz, und versuchte „Einflüsse und Wirkungen“ ihrer „Königsberger Jahre“ zu vergegenwärtigen (Verlag der Kunst, Dresden 2007, gebunden, 83 Seiten, Abbildungen, 14,95 Euro). Wie unter dem Mikroskop erscheint jede Kleinigkeit des Herkunftsmilieus der Künstlerin. Das leidenschaftliche soziale Engagement, das sie mit ihren Lithographien, Holzschnitten und Radierungen früh an die Seite von Bebels Sozialdemokratie und nach 1918 ins Umfeld der KPD-Agitation führte, ist am Pregel geradezu determiniert worden. In knappen, doch konzentrierten Kapiteln weisen Grimoni und Eggeling auf ihre biographischen Prägungen hin: durch den Linksliberalismus der Kantianer Emil Arnoldt und Johann Jacoby, stärker noch durch den abtrünnigen Theologen Julius Rupp, ihren mütterlichen Großvater, und den in seiner „Freien Gemeinde“ praktizierten moralischen Rigorismus, der das Gottesreich der Mitmenschlichkeit möglichst hier und heute realisieren wollte. Bis zur Naherwartung des Paradieses der „klassenlosen Gesellschaft“ war es von da nicht mehr weit. Schade nur, daß die Autoren nicht einmal einen Hinweis auf den Schlüsselroman geben, der dieses spätaufklärerische „Rupp-Milieu“ hell erleuchtet, auf Hildegard von Hippels „Der unbekannte Gott“ (1913).

 

Der Eiserne Gustav. Nicht erst die Verfilmungen mit Heinz Rühmann oder Gustav Knuth haben die außergewöhnliche Fahrt des „Eisernen Gustav“ von Berlin nach Paris und zurück populär gemacht. Dabei hat die eigenwillige fünfmonatige Aktion des Fuhrunternehmers Gustav Hartmann, die genau vor achtzig Jahren vom 2. April bis zum 12. September 1928 dauerte, schon als frühes beinahe generalstabsmäßig geplantes Medienereignis einen Rückblick verdient. Der emeritierte Hallenser Germanist Gunnar Müller-Waldeck hat die vom Berliner Ullstein-Reporter Hans-Hermann Theobald begleitete Tour, die in der Folge ein europaweites Medienecho erfuhr, in kurzweiliger und trotzdem akribischer Manier nachgezeichnet und ist auf vielerlei Spurensuche des Berliner Originals gegangen. Für eine Weile überstrahlte dessen Popularität sogar Gustav Stresemann und Aristide Briand, die zur etwa gleichen Zeit um die deutsch-französische Aussöhnung bemüht waren (Die Geschichte des legendären Droschkenkutschers Gustav Hartmann. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2008, broschiert, 278 Seiten, Abbildungen, 14,90 Euro).

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