© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/08 23. Mai 2008

Von der Sex- an die Drogenfront
Aufstieg und Fall des LSD
Werner Olles

Seitdem Günter Amendt von der „Sexfront“ (1970) an die Drogenfront gewechselt ist, hat er ein halbes Dutzend Bücher zu diesem Thema verfaßt, die seltsamerweise als „Aufklärungsliteratur“ gelten. Daß Organisationen, die es mit den Opfern von Drogen zu tun haben, diese Auffassung nicht teilen, sondern Amendt eine Verharmlosung dieser hochgefährlichen Stoffe vorwerfen, ficht den Autor nicht an. Übrigens ist auch der Begriff „Rauschgift“ seit langem verpönt, weil er als politisch nicht korrekt gilt, während man unter den Terminus „Drogen“ auch legale Schlaf- und Beruhigungsmittel oder Medikamente zur Muskelentspannung subsumieren kann.

Leider lassen Politik und selbst Experten den berufsmäßigen Verharmlosern ihre semantischen Tricks widerspruchslos durchgehen. Für Günter Amendt, den „renommiertesten Drogenexperten Deutschlands“ (Frankfurter Rundschau), ein Grund mehr, Aufstieg und Fall einer Droge zu beschreiben, die als LSD in den sechziger Jahren starken Einfluß auf jugendliche Protestkulturen hatte und die psychedelische Welle beflügelte, andererseits nicht wenige Konsumenten an den Rand des Abgrunds führte oder gar hineinriß.

Zwar hatte der Schweizer Chemiker Albert Hofmann (JF 19/08) bereits 1938 mit dem Alkaloid des Mutterkorns experimentiert, doch erst fünf Jahre später kam es zu dem berühmten Laborunfall, als ihm aus Unachtsamkeit ein schwerwiegender Fehler unterlief. Beim Hantieren mit Lysergsäure kam seine Haut mit der Flüssigkeit in Berührung, wobei die Substanz in seinen Blutkreislauf geriet und ihn in einen rauschhaften Zustand versetzte: „Die Außenwelt verwandelte sich wie in einem Traum. Die Gegenstände erschienen immer reliefartiger, sie nahmen ungewöhnliche Ausmaße an, und die Farben wurden leuchtender. Sogar die Selbstwahrnehmung und das Zeitgefühl waren verändert. Blieben die Augen geschlossen, so kam ein ununterbrochener Strom phantastischer Bilder (…), die von einem intensiven kaleidoskopartigen Farbenspiel begleitet waren.“

Man muß Amendt zugute halten, daß er die Geschichte des LSD durchaus kenntnis- und spannungsreich schildert. Inzwischen erlebt die Rauschdroge, die einst als Medikament gegen Migräne und traumatische Störungen konzipiert und von der Hippie-Bewegung zum „Sakrament“ erhoben wurde, nach Verbot und Niedergang eine Renaissance. In den USA und in Israel wird derzeit geprüft, ob LSD zur Behandlung von schweren Schmerzzuständen und Traumata bei Kriegsveteranen geeignet ist.

Günter Amendt: Die Legende vom LSD. Zweitausendeins, Frankfurt a. M. 2008, broschiert, 140 Seiten, 12.90 Euro

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