© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/08 23. Mai 2008

UMWELT
Unterschätztes Kinderkrebsrisiko
Volker Kempf

Energie! Entdecke, was die Welt bewegt!“ heißt ein aktuelles vom Energiekonzern RWE herausgegebenes Jugendbuch. Es ist gut gemacht und informativ. Dennoch stellt sich die Gretchenfrage nach der Atomkraft: Wird die Kritik entgegen den Interessen von RWE treffend wiedergegeben? Die Tschernobyl-Katastrophe wird erwähnt, auch das Endlagerproblem. Aber das war es auch schon. Dabei hat eine Studie des Deutschen Kinderkrebsregisters (DKKR) am Mainzer Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik belegt, daß es im Radius von fünf Kilometern um deutsche Atomkraftwerke eine deutlich erhöhte Zahl von Kinderkrebserkrankungen gibt. 50 Prozent aller Kinderkrebserkrankungen können dem laufenden AKW-Betrieb zugeschrieben werden.

Besonders ins Gewicht fällt das Risiko, an Leukämie zu erkranken, das um den Faktor 100 erhöht sei. Im Zeitraum von 1980 bis 2003 erkrankten in Deutschland demnach zwischen 121 und 275 Säuglinge und Kleinkinder zusätzlich an Krebs, zuvor wurden 29 angenommen. Der Druck, solche Fakten nicht auszuklammern, sondern auch Jugendlichen zu vermitteln, steigt. Denn eine bislang unveröffentlichte Qualitätsprüfung der Mainzer DKKR-Studie, die im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) von den Professoren Karl-Heinz Jöckel, Eberhard Greiser und Wolfgang Hoffmann durchgeführt wurde, stützt dieses Ergebnis; sie sprechen von einem kausalen Zusammenhang zwischen der AKW-Strahlung und den Kinderkrebsfällen. Nicht nur die Jugend sollte auch solche Tatsachen erfahren. Und bei einer Neuauflage wird sich RWE nicht damit herausreden können, das Wissen sei hier zu wenig abgesichert, um als ernstzunehmende Kritik angeführt zu werden.

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