© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/08 23. Mai 2008

Auf einsamem Posten
NPD-Bundesparteitag: Auch wenn Udo Voigt am Wochenende in Bamberg als Parteichef bestätigt wird, die Machtzentren der Partei liegen längst woanders
Felix Krautkrämer

Ganze 24 Seiten widmet der aktuelle Verfassungsschutzbericht der NPD – soviel wie keiner anderen aufgeführten Partei. Rassistische und antisemitische Agitation sowie Verunglimpfung der demokratischen Ordnung lauten unter anderem die Vorwürfe.

Der Bericht ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die ein Verbot der Partei fordern. Und dennoch dürfte Parteichef Udo Voigt derzeit andere Sorgen haben. Neben der Finanzkrise der NPD (JF 8/08) schwelt seit Wochen eine Personaldiskussion um die Führung der Partei. Vor dem Parteitag an diesem Wochenende tauchten in den Medien verschiedene Namen auf, die als mögliche Konkurrenten Voigts um den Posten des Parteichefs gehandelt wurden. Udo Pastörs beispielsweise, NPD-Fraktionschef im Schweriner Landtag. Oder Andreas Molau, Pressesprecher der Schweriner Landtagsfraktion (JF 15/08). Zuletzt wurde bekannt, daß sogar der Hamburger Anwalt und passionierte Rassenforscher Jürgen Rieger für das Amt des Parteivorsitzenden nominiert wurde.

Voigt, der seit vierzig Jahren in der NPD ist und diese seit 1996 führt, steht solchen Ankündigungen jedoch gelassen gegenüber. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagt er. Mittlerweile sieht es zudem so aus, daß letztlich doch niemand gegen Voigt kandidieren wird. Viel Lärm um nichts also? Das findet zumindest der NPD-Fraktionschef im sächsischen Landtag, Holger Apfel. „Es war nicht gerade sinnvoll, den Parteivorsitzenden so kurz vor einem Parteitag offen in Frage zu stellen“, sagte Apfel gegenüber der JF.

Er jedenfalls stehe zu Voigt in „kritischer Loyalität“. Meinungsverschiedenheiten würden dabei im persönlichen Gespräch gelöst, nicht in der Öffentlichkeit. „Außerdem“, so Apfel, „würde ohnehin jeder, der gegen Voigt antritt, auf die Nase fallen.“ Wie immer der Parteitag auch ausgeht, wirklich gestärkt wird Voigt nicht daraus hervorgehen. Dafür sind die beiden Landtagsfraktionen in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern zu einflußreich: finanziell und parteipolitisch. Voigt wird Forderungen aus Dresden und Schwerin daher auch künftig nachgeben müssen.

„Die DVU nützt uns nicht“

Das zeigte sich bereits bei dem Gezerre um den sogenannten „Deutschlandpakt“, bei dem es um Wahlabsprachen mit der DVU geht. Danach sollte die DVU im nächsten Jahr bei den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg kandidieren. Weil aber vor allem in Thüringen der NPD gute Wahlchancen ausgerechnet werden, mehrten sich die Stimmen, die eine Nachverhandlung des Abkommens zugunsten der NPD forderten. Voigt sperrte sich anfangs noch dagegen. Die NPD sei im Superwahljahr 2009 personell und finanziell schon genug belastet. Außerdem gebe es mit dem DVU-Chef Gerhard Frey eine Vereinbarung, an die er sich halten werde. Mittlerweile scheint Voigt dem Druck aber nachgegeben zu haben. So gilt inzwischen als ausgemacht, daß in Thüringen die NPD antreten wird.

Holger Apfel jedoch kritisiert die entstandene Diskussion. Vor allem das Verhalten Molaus und des Generalsekretärs Peter Marx, die öffentlich eine Kandidatur der NPD in Thüringen forderten, sei höchst unglücklich gewesen. „Verträge sind prinzipiell dazu da, gehalten zu werden.“ Wenn die NPD mit Frey verhandeln wolle, wäre es besser, dieser erführe das von der NPD selbst und nicht aus den Medien.

Ein gewichtiger Kritiker des Deutschlandpaktes in seiner derzeitigen Form ist dagegen Udo Pastörs. „Die DVU ist überaltert“, findet er, weshalb das langfristige Ziel eine Fusion unter dem Vorzeichen der NPD sei. „Unsere Existenzberechtigung ist Politik für das deutsche Volk.“ Die NPD müsse dort antreten, wo sie Erfolgsaussichten habe.

Zu Brandenburg will Pastörs sich allerdings noch nicht äußern. Prinzipiell nütze die DVU der NPD aber nicht, sondern behindere sie nur beim Antritt. Zudem sehe Pastörs bei Frey politisch keinen roten Faden. Auch Peter Marx hält sich bedeckt: „Es ist nicht das Ziel der NPD, die DVU aus Brandenburg rauszukatapultieren“, sagte er der JF.

Es gibt allerdings das eine oder andere, das die NPD Frey für einen Wahlverzicht in Brandenburg anbieten könnte. Sie könnte zum Beispiel von einer Kandidatur bei der Europawahl absehen, wodurch der Partei jedoch jährlich über 200.000 Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung verlorengingen. Außerdem könnte die NPD, die über einige Sitze in der Bundesversammlung verfügt, Frey als Bundespräsidenten vorschlagen, wodurch dieser die Möglichkeit hätte, sich medienwirksam präsentieren zu können.

Ein weiteres Thema, das erhebliches Konfliktpotential in sich birgt, ist die Auseinandersetzung mit der Linkspartei. Mit ihrem antikapitalistischen Kurs kämpft die NPD mit der Linken um die Wähler des sozialen Protests. Während Pastörs und Apfel für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Linkspartei plädieren, sieht Voigt das anders: Gerade weil die meisten NPD-Wähler aus der Klientel der Linkspartei kämen, sei es wichtig, im Wahlkampf gegen die CDU zu schießen. „Wenn wir uns an der Linken abarbeiten, kostet das Stimmen“, sagte Voigt der JF.

Spannend wird auf dem Parteitag vor allem aber, wer als zweite Garde in den Parteivorstand und zum Parteivize gewählt wird. Unter anderem kandidiert hierfür neben Rieger der bekennende Nationalsozialist Thomas Wulff. Es gibt allerdings einflußreiche Personen innerhalb der Parteispitze, die hoffen, eine solche Radikalisierung verhindern zu können. Insofern wird die Wahl des Bundesvorstandes auch Auskunft über den weiteren politischen Kurs der NPD geben.

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