© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/08 16. Mai 2008

UMWELT
Ettenheim ist überall
Volker Kempf

Städte und Gemeinden wollen Industrie und Gewerbe halten und ansiedeln. Dafür muß Energie bereitgestellt werden. Aber fossile Energieträger sind aus Gründen des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung unbeliebt. Atomstrom stößt ebenfalls auf Widerstand. Wind und Sonne werden oft als die Lösung genannt, können aber den Bedarf allein nicht abdecken. Eine Alternative für die Strom- und Wärmeversorgung lautet daher Biomasseeinsatz. Ein solches Kraftwerk wird mit Holzpellets oder Holzspänen betrieben, also mit einem nachwachsenden Energieträger. Das sollte Akzeptanz finden, dachte sich Bruno Metz, Bürgermeister der 9.393 Wahlberechtigte zählenden Gemeinde Ettenheim im Regierungsbezirk Freiburg. Metz wurde eines Besseren belehren: Über einen Bürgerentscheid wurde das Biomassekraftwerk mit 3.091 von 4.544 abgegebenen Stimmen nun erst einmal für drei Jahre klar und deutlich abgelehnt.

Auch in Ortsteilen, in denen mit wenig Emissionen und Immissionen gerechnet werden durfte, lag die Wahlbeteiligung nur geringfügig unter dem Schnitt. Energiepolitik erweist sich einmal mehr als ein Feld, auf dem politisch nicht viel zu gewinnen ist, sondern nur zwischen verschiedenen Übeln gewählt werden kann - wobei das kleinere Übel noch nicht einmal mit Akzeptanz rechnen darf. Also doch Atomkraft? Die starken Bürgerinitiativen in Südbaden würden dagegen mächtig einheizen. Oder Mut zur Stromlücke? Das kann es auch nicht sein. Also, saubere Energie, prosperierende Wirtschaft, wachsende Bevölkerung, nachhaltige Entwicklung, alles soll unter einen Hut gebracht werden. Das ist ein legitimer Wunsch, aber von der Realität leider weit entfernt. Ettenheim ist überall.

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