© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/08 16. Mai 2008

"Ich bete für Alice Schwarzers Erkenntnis"
Familienpolitik: Die Ex-Tagesschau-Sprecherin Eva Herman stellt ein neues Buch vor und zeigt, daß sie nicht auf verlorenem Post steht
Ellen Kositza

Es wird nicht ruhig um Eva Herman. Die letzten Schlagzeilen um die streitbare Autorin sind gerade ein paar Wochen alt: Ende April war die geschaßte NDR-Mitarbeiterin mit ihrer Kündigungsschutzklage gegen den Sender gescheitert.

Der Abschied aus dem öffentlichen Leben sei ihr leichtgefallen, bekundete Herman jüngst. Ganz aufrichtig ist das deshalb nicht, weil die ehemalige Tagesschau-Sprecherin höchst aktiv durch Kongresse und Diskussionsveranstaltungen tourt, zwei Internetseiten unterhält und sich so rege in Initiativen und Verbänden engagiert, daß von einem Rückzug ins Privatkämmerlein kaum die Rede sein kann.

Nun wartet die 49jährige mit einem neuen Buch auf. Daß es erneut um Prinzipielles geht, legt der Titel nah: "Das Überlebensprinzip - Warum wir die Schöpfung nicht täuschen können".

Obgleich sich dieser Interview­band mit dem christlichen Verleger Friedrich Hänssler mehr oder minder als Fortsetzungsfolge ihres bekannten Themas - der drohenden "Entnaturalisierung" der Geschlechter - lesen läßt, ist das Interesse der Medien nahezu ungebrochen. Dabei gab man sich schon angesichts des thematischen Erstlings "Das Eva-Prinzip" plakativ "genervt". Motto: Wer will das schon lesen? Das Buch geriet bekanntlich zum gewaltigen Verkaufserfolg. 2007 erschienen zwei weitere Werke aus ihrer Feder, und Hermans Thesen werden bis heute heiß diskutiert.

Bei der Buchvorstellung Anfang Mai im Stuttgarter Literaturhaus bediente Herman die Erwartungen der zahlreichen Presseleute wieder vortrefflich. Sowohl ihre bonbonrosa und reinweiße Kleidung und ihre "unentspannte Mimik" waren zahlreichen Berichterstattern Kommentare wert als auch die betonte Milde und Sanftheit in ihrer Stimme. Wo Argumente rar werden, tut's eben auch das Ressentiment. "Es war so schön still um Eva Herman", seufzt ein Focus-online-Redakteur über das "Oberheimchen", "nur eine kann wieder nicht still sein: Eva Herman selbst".

Faires Interview in einer Luxusillustrierten

In den Worten anderer Journalisten stellt die Autorin nichts fest, legt nicht etwa dar oder beschreibt, nein: sie "klagt", "poltert", "dämonisiert", "hobby-psychologisiert" oder "erbaut sich". Medien, die weniger dumpf voranpreschen, schreiben mit haarfeiner Ironie über die starken Schultern ihres Mannes, an denen die Autorin sich gelegentlich ausgeweint habe, oder berichten über die "Art Hauskirche", in der Herman Zwiesprache mit Gott halte - Gebete, in die sie ihre medienmächtige Kontrahentin und Kampagnenlostreterin Alice Schwarzer selbstverständlich einschließe.

Eva Herman kann derlei Sticheleien nicht nur ganz gut aushalten, sie scheint solche Intentionen recht gern zu bedienen. Das wirkt nicht einmal kokett, sondern glaubhaft: "Wer seinen Gegnern mit Liebe begegnet, kann mit des Himmels Hilfe Gutes erreichen. Ich bete für Alice Schwarzers Erkenntnis." In der Sache, die sie zu ihrer Mission gemacht hat, bleibt sie unerbittlich. Unsere Gesellschaft solle durch die neue Familienpolitik im Einklang mit den Gender-Mainstreaming-Prinzipien "zunehmend zwangsverändert" werden, beharrt sie und prangert die "kollektive Kinderbetreuung" als "Staatsziel" an. Die Frage einer Journalistin, ob sie erneut mit negativen Reaktionen auf ihr Buch rechne, konterte die Autorin gelassen. "Was stört's den Mond, wenn der Mops ihn anbellt. Ich meine, es ist doch egal - oder?"

Ganz so einsam auf verlorenem Posten steht Herman ohnehin nicht. Etliche Blätter haben neutral auf das neue Buch hingewiesen, und die Luxusillustrierte Park Avenue interviewte die Autorin so ausführlich wie fair. Ob wieder "eine Knaller-These" drinstehe, fragt die Bild und wirbt - es werden einige Buchauszüge veröffentlicht - mit "intimen Einblicken in Hermans Privatleben".

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