© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/08 16. Mai 2008

Marion Walsmann "trug das DDR-System mit" und darf nun CDU-Ministerin werden
Die Demokratin
Peter Freitag

In der Politik muß man Prioritäten setzen. Zum Beispiel bei der Frage, wer ministrabel ist und wer nicht: Peter Krause (CDU), früher Mitglied einer oppositionellen Gruppe in der DDR, hat vor Jahren für rechte Zeitungen geschrieben; er darf deswegen nicht Ressortchef werden. Seine Parteifreundin Marion Walsmann hatte sich als Abgeordnete der DDR-Volkskammer solidarisch mit den chinesischen Kommunisten erklärt, als diese beim Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Juni 1989 die Opposition niederkartätschten; dennoch darf sie infolge der gerade vollzogenen Kabinettsumbildung im CDU-regierten Thüringen seit letzter Woche den Posten der Justizministerin bekleiden.

Über ihre Zeit als Volkskammer-Abgeordnete für die Blockpartei Ost-CDU von 1986 bis 1990 schweigt sich Walsmann in ihrer offiziellen Biographie vielsagend aus. Dafür wird erwähnt, daß sie noch vor der Wiedervereinigung "federführend mit dem Aufbau des Thüringer Justizministeriums betraut" gewesen sei. Die Dame kennt sich also aus in ihrem neuen Laden. Kurz nach der Nominierung reichte sie pflichtschuldig nach, ihr Engagement im zonalen Pseudoparlament "mag damals eine falsche Entscheidung gewesen sein". Tief­empfundene Reue hört sich irgendwie anders an.

Zwar rümpft die Presse auch bei dieser Personalentscheidung des Ministerpräsidenten Dieter Althaus wegen ihres gewissen Hautgout die Nase - doch zum "richtigen" Skandal taugte nur der "Fall Krause". Müßig, über solche Ungleichbehandlung von "Jugendsünden" zu lamentieren; vielleicht liegt es ja auch daran, daß die niedergewalzten chinesischen Studenten und andere Opfer der rotlackierten Menschheitsbeglücker bei uns nicht über eine ganz so deutlich vernehmbare Lobby verfügen. "Walsmann hat das DDR-System mitgetragen" und sei bei fehlender Distanzierung für einen Kabinettsposten ungeeignet, mahnt die Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft. Aber wer hört die schon?

Unterdessen ist Walsmann mit ihren peinlichen DDR-Mitbringseln nicht allein in der CDU. Parteifreund Ulrich Junghanns (JF 6/07), Parteichef in Brandenburg und vor der "Wende" Bauernpartei-Bonze, manifestierte einst ebensoviel historischen Weitblick und moralisches Feingefühl: "Was die Mauer betrifft, so lassen wir uns nicht deren Schutzfunktion ausreden", blockfötete Junghanns im Parteiorgan - drei Monate, bevor der Antifa-Wall seinen Schutzfaktor endgültig einbüßte.

Mit der 1963 in Erfurt geborenen Walsmann steht jetzt im Freistaat also jemand an der Spitze der Justiz, der das juristische Handwerk im Unrechtsstaat DDR erlernt hat. Und dieses Erlernte konnte sie ebendort auch bereits anwenden, etwa bei der Enteignung eines Gärtnereibetriebes im Oktober 1989; der Beschluß, in welchem der Rat der Stadt den Betroffenen dies mitteilt, trägt die Unterschrift einer jungen Juristin im Erfurter Rechtsamt namens Marion Walsmann.

Foto: Marion Walsmann "trug das DDR-System mit" und darf nun CDU-Ministerin werden

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