© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/08 16. Mai 2008

Aufgeschnappt
Na also, geht doch!
Matthias Bäkermann

Da sage noch einer, politisch korrekte Tugendwächter hierzulande seien nicht lernfähig. Von wegen. Obwohl die Auftritte der US-amerikanischen Hardrock-Band Kiss vergangenes Wochenende in Oberhausen und München, mit denen die Truppe um Gene Simmons und Paul Stanley ihre Europa-Tournee startete, doch willkommene Gelegenheit geboten hätten, eine dreißig Jahre alte und immer mal wieder aufgeflammte Debatte um den inkriminierten Namenszug der Band erneut zu beleben, blieb es erstaunlich ruhig. Die wenigen zaghaften Versuche, die Sache abermals zu skandalisieren, verliefen sang- und klanglos im Sande.

Rückblick: Weil die Schreibweise des Bandnamens an die doppelte Sig-Rune der Waffen-SS erinnert, durften hierzulande bereits in den Achtzigern Schriftzug, Logo und Plattencover nur mit gerundeten Buchstaben erscheinen. Freilich haperte es schon damals nicht zuletzt wegen der millionenfachen Verbreitung des Emblems an der Durchsetzung. Außerdem streifte die Diskussion um den Namenszug von Beginn an die Grenze zur Lächerlichkeit.

Deswegen wäre eine Neuauflage der Anwürfe gegen die Band nicht nur skurril gewesen, sie wäre obendrein auch noch geschmacklos und peinlich gewesen. Denn Gene Simmons, Mitbegründer und Bassist von Kiss, 1949 als Chaim Witz im israelischen Haifa geboren, ist der Sohn einer ungarischen Jüdin, die ihre gesamte Familie in einem NS-Konzentrationslager verlor. "Viele hatten damals nicht gewußt, daß ich Jude bin. Für mich war unser Logo einfach ein cooles Design", zitierte ihn jetzt die Frankfurter Rundschau online.

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