© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/08 25. April 2008

Frisch gepresst

Weichsel und Warthe. Jan Philipp Reemtsma ist wahrhaft keine Nähe zu deutschen Vertriebenen nachzusagen. Doch für seinen Hausgott Arno Schmidt (1914-1979) spart er weder Geld noch Zeit. Diesmal galt sein Einsatz dem Obristen Christian von Massenbach (1758-1827). Der hatte sich früh auf den "Weg nach Westen" begeben und seit 1795 ein Bündnis Preußens mit dem revolutionären Frankreich gefordert und war deswegen für Arno Schmidt die ideale Figur, um sie gegen "reaktionäre" Verfechter einer preußisch-russischen Allianz vom Schlage Steins und Clausewitz' auszuspielen. Um Massenbach zu ehren, mußte Reemtsma freilich nach Osten aufbrechen, wo 2006 das Regionalmuseum Birnbaum/Provinz Posen des "ersten Europäers" gedachte. Ein Nachfahre Massenbachs, dessen Familie bis 1945 im Kreis Birnbaum begütert war, steckt mit seinem Bericht über die Ausstellungseröffnung samt Reemtsmas "szenischer Lesung" dem Jahrbuch Weichsel-Warthe (53/2007, Hrsg.v. d. Landsmannschaft Weichsel-Warthe, Wiesbaden 2007, broschiert, 176 Seiten, Abbildungen, 10,50 Euro) ein kleines Glanzlicht auf. Der Band enthält ferner einen warmherzigen Nachruf auf die 1915 in Jarotschin bei Posen geborene Jahrhundertsängerin Elisabeth Schwarzkopf (JF 50/05) sowie eine bunte Mischung von Aufsätzen zur deutschen Geschichte der Provinz bis 1918 wie zum Schicksal der dann als Minderheit unterdrückten Deutschen in der Republik Polen bis 1939. 

 

Reichsatombombe. Nicht weniger als vier Bücher haben Edgar Mayer und Thomas Mehner bereits der Frage gewidmet, ob die deutsche Rüstungsindustrie vor dem 8. Mai 1945 die Wehrmacht mit einsatzfähigen Atomwaffen beglücken konnte. Nun stocken sie mit einer fünften Publikation auf. Sie enthält eine genauso deutliche Antwort auf die wohl rhetorisch gemeinte Frage: Natürlich verfügte das Dritte Reich über die A-Bombe, erprobte sie sogar schon in den Küstengewässern Rügens. Die Angst vorm nuklearen Erstschlag der Deutschen habe die Westalliierten zum Sturm gegen die "Festung Europa" geradezu getrieben. Und ihr Sieg bewahrte nicht nur London oder gar New York vor dem Schicksal von Hiro-shima und Nagasaki. Er belohnte die "Befreier" auch mit deutscher Spitzentechnologie. Der manische Eifer der Autoren, derart kühne Thesen mit Aktenfunden zu untermauern, hat etwas Sympathisches. Doch wie gehabt, halten sich Pro und Contra kaum die Waage, um dem skeptischen Leser mehr zu entlocken als ein schon äußerst riskantes: "Da könnte was dran sein." (Die Angst der Amerikaner vor der deutschen Atombombe. Neue Informationen und Dokumente zum größten Geheimnis des Drittes Reiches. Kopp Verlag, Rottenburg 2007, gebunden, 287 Seiten, Abbildungen, 19,95 Euro).

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen