© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/08 25. April 2008

"Protestierern im Geist der Bergpredigt begegnen"
Kirchen: Der in der kommenden Woche beginnende Christliche Jugendkongreß "Christival" sorgt weiter für Diskussionen / Gegendemonstration angekündigt
Christian Rudolf

Wieviel Ärger um ein Ereignis, das noch gar nicht begonnen hat: Das Christival beschäftigt seit Jahresanfang Politik, Medien und evangelische Kirche. Angriffe und Verleumdungen bewirkten eine unerwartete Welle von Solidaritätsbekundungen. Doch im Dauerstreit um den alle fünf bis sechs Jahre veranstalteten evangelikalen Jugendkongreß mit Seminaren und Diskussionsrunden zeichnet sich auch wenige Tage vor Beginn keine Entspannung ab: Der Eröffnungsabend am kommenden Mittwoch auf der Bremer Bürgerweide kann möglicherweise nur unter Polizeischutz stattfinden. Ein "antisexistisches Bündnis" hat zu einer "Walpurgis"-Demonstration gegen den Kongreß aufgerufen, zu dem vom 30. April bis 4. Mai fast 20.000 junge Menschen erwartet werden.

Das Jugendtreffen wäre kaum je so bekannt geworden, hätte nicht der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck, im Januar gegen eine von über 200 Veranstaltungen opponiert. Das Seminar "Homosexualität verstehen - Chance zur Veränderung", angeboten vom Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft, erregte seinen Unmut. Darin sollte es um Therapiemöglichkeiten für Homosexuelle gehen, die unter ihrer Prägung leiden und von ihr loskommen wollen. Beck, der nach eigenen Angaben selbst in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt, lehnt dahingehende Therapien als "gefährliche Scharlatanerie" ab. Obwohl das Seminar vom Institut zurückgezogen wurde, fuhr die Grünen-Fraktion eine regelrechte Kampagne gegen die christliche Zusammenkunft. Am 13. Februar richtete sie eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung, zweimal meldete sich Beck in Fragestunden im  Bundestagsplenum zu Wort. "Christlich-fundamentalistische Gruppen" versuchten angeblich, "Lesben und Schwule mit pseudowissenschaftlichen Therapien von ihrer Homosexualität zu 'heilen'".

Die Schirmherrschaft von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) über das Festival und die staatliche Unterstützung in Höhe von 250.000 Euro stellte Beck in Frage. Er griff die christlichen Vereine "Wüstenstrom" und "Die Birke" an: Der eine Träger vertrete die These, Homosexualität könne durch sexuellen Mißbrauch an Jungen entstehen, der andere sei einseitig ideologisch positioniert. "Die Birke" veranstaltet auf dem Christival ein Seminar mit dem Titel "Sex ist Gottes Idee - Abtreibung auch?"

Die Bundesregierung verwahrte sich gegen pauschale Kritik an ihrer Förderpraxis. Indessen blieb die Kampagne der Grünen nicht ohne Gegenwehr. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) als solche, Bischöfe der Landeskirchen, Jugend- und Gemeinschaftsverbände, evangelische Ausbildungsstätten und zahlreiche andere christliche Gemeinschaften stellten sich auf die Seite der Angefeindeten. Der CVJM-Gesamtverband stärkte dem Kongreß den Rücken. Statt sachlicher Auseinandersetzung würden engagierte christliche Gruppen beschimpft und diffamiert, hieß es in einer einstimmig beschlossenen Stellungnahme.

Auch die Deutsche Evangelische Allianz wies Becks Angriffe zurück. "Es ist deutlich geworden, daß sie sich nicht nur gegen einzelne Veranstaltungen" des Christivals, "sondern gegen alle Personen und Institutionen richten, die sich anders positionieren als die Schwulenbewegung", brachte deren Generalsekretär Hartmut Steeb die Sache auf den Punkt.

Auch der Evangelische Gnadauer Gemeinschaftsverband kritisierte die Kampagne der Grünen. Deren Protest gegen Seminarbeiträge auf dem Bremer Jugendkongreß richte sich grundsätzlich gegen das jüdisch-christliche Menschenbild und seine ethischen Werte. Doch Christen ließen sich nicht den Mund verbieten: "Wir wollen im Konfliktfall Gott mehr gehorchen als den Menschen."

Laut dem Christival-Vorsitzenden Roland Werner haben sich bisher 15.000 Teilnehmer für den Kongreß angemeldet. "Ich freue mich sehr, daß der Vorsitzende des Rats der EKD, Bischof. Wolfgang Huber, mit allen Christivallern gemeinsam am Freitagabend das Abendmahl feiern wird", sagte Werner im idea-Interview. "Die starke Basis, die wir als ehrenamtliche Verantwortliche für diesen Jugendkongreß im landes- wie freikirchlichen Protestantismus haben, ist in den letzten Wochen ganz deutlich geworden." Auf Gegendemonstrationen angesprochen, sagte Werner, er mache sich "keine großen Sorgen": Bei der Auftaktveranstaltung wie beim Abschlußgottesdienst würde man Protestierern "im Geist der Bergpredigt begegnen".

Mehr Informationen zum Christival im Internet unter www.christival.de

Foto: Kongreß-Logo: Unter Druck

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