© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/08 18. April 2008

Früh gestorben, fast vergessen
Zum Hundertsten des Schauspielers W. Seyferth
Werner Norden

Selbst den meisten ausgewiesenen Cineasten sagt der Name Wilfried Seyferth heute kaum noch etwas. Auch in den einschlägigen Enzyklopädien und Filmlexika finden sich in aller Regel nur spärliche Einträge über ihn. Dabei hat Seyferth, dessen Karriere in den frühen 1930er-Jahren begann, in über fünfzig Filmen mitgespielt, zumeist in kleineren Rollen, die er aber dank seiner schauspielerischen Begabung immer zu einem Erlebnis machte.

Für den Film entdeckt wurde der am 21. April 1908 in Darmstadt geborene Theaterschauspieler Seyferth von Heinrich George, der in ihm den geborenen Charakterkomiker erkannte. Sein Filmdebüt gab er 1933 in Georges melodramatischem "Schleppzug M 17", einem wirklichkeitsnahen Einblick in den Alltag der Binnenschiffer. In den Kriegsjahren folgten zahlreiche Rollen in großen Produktionen an der Seite von Hans Albers und Aribert Wäscher ("Unter heißem Himmel", 1936) oder Ewald Balser, Hertha Feiler und Elisabeth Flickenschildt ("Rembrandt", 1942).

Veit Harlan engagierte ihn schließlich für seine Verfilmung von Theodor Storms Drama "Immensee" (1942/43), wo er neben Kristina Söderbaum, Carl Raddatz und Paul Klinger eine brillante Leistung zeigte, die der poetischen Novelle mehr als gerecht wurde. Einer seiner bekanntesten Filme aus dieser Zeit war "Das Bad auf der Tenne" (1943), ein komödiantisch-derbes Genrebild aus dem flandrischen Bauernmilieu im Breughel-Dekor, das als einer der ersten deutschen Farbfilme einen großen Publikumserfolg hatte.

Nach dem Krieg drehte Seyferth zumeist konventionelle Unterhaltungsfilme wie Paul Verhoevens Lustspiel "Dieser Mann gehört mir" (1950). Vier Jahre später spielte er in "Die Stadt ist voller Geheimnisse". Fritz Kortners Episodenfilm über die Wochenenderlebnisse kleiner Fabrikangestellter, die befürchten müssen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, wurde ein großer Kinoerfolg. Seyferth hatte zwar nur eine kleine Rolle, doch die Kritik war voll des Lobes über seine Darstellung. Sein letzter Film war Paul Mays "08/15" (1954), der erste Teil jener anekdotisch-derben und im Grunde unpolitischen Kasernenhof- und Kriegsfilm-Trilogie nach dem Erfolgsroman von Hans Hellmut Kirst, der zu einem der größten deutschen Kassenerfolge der fünfziger Jahre wurde.

Wilfried Seyferth sollte von diesem Erfolg nichts mehr mitbekommen. Am 9. Oktober 1954 verunglückte der erst 46jährige bei einem Verkehrsunfall in der Nähe von Frankfurt tödlich. Daß er heute, über fünfzig Jahre nach seinem frühen Tod, fast vergessen ist, gehört zur Tragik dieses Schauspielerlebens

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