© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/08 18. April 2008

Nie war es so leicht, sich gesund zu ernähren
Ernährung: Alle Super- und Drogeriemärkte führen inzwischen Öko- und Bio-Produkte, doch der Teufel steckt im Detail
Fabian Schmidt-Ahmad

Die Ernährungswissenschaftlerin Andrea Flemmer - als Autorin bekannt durch "Das Anti-Krebs-Kochbuch" oder "Die Vitaminlüge" - hat betitelt mit der rhetorischen Frage "Schadstoffalle Supermarkt?" einen weiteren Ratgeber zum gesundheitsbewußten Essen veröffentlicht. Mit diesem bietet die Biologin eine Orientierungshilfe für den täglichen Einkauf. Denn inzwischen führen nicht nur Reformhäuser und kleine Bioläden ökologische Erzeugnisse.

"Nie war es so leicht wie heute, sich ökologisch zu ernähren - fast alle Super- und Drogeriemärkte, Discounter, Kaufhäuser etc. führen inzwischen Bio-Produkte", schreibt die jedes Konzernlobbyismus unverdächtige Autorin, die am Institut für Lebensmitteltechnologie der TU München promovierte. Doch mit dem breiteren Angebot steigt auch die Verwirrung. Schließlich verkaufen die Anbieter auch konventionell hergestellte Produkte, die dank geschickter Werbung einen unbedenklichen Verzehr suggerieren. Hier setzt Flemmer an. Werden "Bio-Äpfel" etwa aus Neuseeland oder Argentinien importiert, dann führt der weite Transportweg mit seinem Energieverbrauch dazu, daß solche Angebote keinesfalls "ökologisch" sind. Angebote aus der Region sind daher im Zweifel immer vorzuziehen.

Das Buch gliedert sich in drei Abschnitte. Im ersten Teil behandelt es die allgemeine Schadstoffbelastung unserer Nahrung. Die Autorin unterscheidet zwischen prinzipiell unvermeidlicher Umweltbelastung und Schadstoffen, die durch bewußteren Umgang mit Nahrung vermieden werden können. In komprimierter Form wird die problematische Belastung von Pestiziden, aber auch von sogenannten Zusatzstoffen erläutert.

Hilfreich ist die knappe Darstellung der "E"-Gruppen (wie zum Beispiel "E 150" für einfache Zuckercouleur, mehr unter: www.zusatzstoffe-online.de), die sonst für den Verbraucher auf der Verpackung kryptisch bleiben. Im zweiten Teil geht Flemmer allgemein auf die Grundlagen biologischer Produktionsweise ein, welche Gütesiegel und Bezeichnungen diese garantieren und wie ihre Einhaltung überprüft wird. Ein Porträt entsprechender Handelsketten beziehungsweise konventioneller Hersteller mit biologischen Produktreihen beschließt den Teil.

Im letzten Teil werden einzelne Lebensmittel auf ihre Schadstoffbelastung aus konventioneller Produktion analysiert und mit ökologischen Produkten verglichen. Zwar läßt sich das Ergebnis auf die wenig überraschende Formel bringen, daß ökologische Produkte immer besser sind - gleichwohl gibt es auch hier Qualitätsunterschiede.

Beispielsweise fanden sich im Olivenöl einiger Bio-Anbieter Spuren von Kunststoff-Weichmachern. Jedoch kann der aufmerksame Leser eine schwerpunktmäßige Schadensbegrenzung betreiben. So erfährt er, daß bei Orangensaft die Qualitätsunterschiede minimal sind, bei Erdbeeren jedoch beträchtlich. Eine nicht unerhebliche Information für Menschen, die sich aus verschiedenen Gründen nicht komplett biologisch ernähren können oder wollen.

Das Buch ist durchgängig in einem sachlichen Ton geschrieben, auch die weitgehende Vermeidung von Fremdwörtern dient der Lesbarkeit. Einzelne stilistische Unebenheiten müssen die "VerbraucherInnen" wohl bei einem Sachbuch aus dem "grünen" Bereich hinnehmen. Zum angenehmen Erscheinungsbild tragen die zahlreichen, durchgehend farbigen Abbildungen bei. Breite Randstreifen lassen Raum für eigene Notizen. Eine zweite Auflage sollte allerdings den Umfang des Buches erweitern. Bei einigen Passagen hätte man sich als Laie gewünscht, daß die Ernährungswissenschaftlerin näher auf die Problematik eingeht. Dennoch bleibt der Eindruck eines informativen und nützlichen Handbuches für den nächsten Einkauf.

Andrea Flemmer: Schadstoffalle Supermarkt? Schadstoffarme und -freie Alternativen, Felix Verlag, Wintrich 2007, gebunden, 192 Seiten, 19,95 Euro

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