© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/08 18. April 2008

Linksextremisten immer gewalttätiger
Kriminalität: Bundesinnenministerium legt Statistik über politisch motivierte Straftaten vor / Deutlicher Anstieg bei Ausländerdelikten
Peter Freitag

Das Bundesinnenministerium hat am vergangenen Donnerstag die Daten über politisch motivierte Straftaten im Jahr 2007 veröffentlicht. Danach hat im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Straftaten mit einem "linken" Tatmotiv um 9,4 Prozent zugenommen, während diejenigen "von rechts" um 2,9 Prozent zurückgegangen sind. Während bei Gewaltdelikten linker Täter ein Zuwachs von 3,1 Prozent zu verzeichnen ist, sank im gleichen Zeitraum die Zahl "rechter" Gewalttaten um 5,5 Prozent. Im Phänomenbereich der "politisch motivierten Ausländerkriminalität ist das Gesamtstraftatenaufkommen um 30,5 Prozent angestiegen", heißt es in dem Bericht; der Anteil der Gewalttaten stieg hier um 6,6 Prozent.

In absoluten Zahlen sieht die Statistik wie folgt aus: 17.607 Straftaten entfielen auf "Politisch motivierte Kriminalität - rechts", 5.866 auf "Politisch motivierte Kriminalität - links" und 902 auf "Politisch motivierte Ausländerkriminalität".

Anders als in der überwiegenden Zahl der Presseberichte zu diesem Thema wird in der Mitteilung des Bundesinnenministeriums erwähnt, daß die überwiegende Zahl - nämlich 67,9 Prozent - aller "rechten" Straftaten sogenannte "Propagandadelikte", etwa die Verbreitung volksverhetzender Schriften oder das öffentliche Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sind. Daß so der große "Überhang" bei rechtsextremen Straftaten gegenüber denen mit linksextremem Hintergrund zustande kommt, weil "Propagandadelikte" tatbestandsmäßig bei der Linken genau genommen gar nicht existieren, wird jedoch nicht erwähnt.

Im Klartext heißt das: Es gibt zwar wesentlich mehr "rechte" Straftaten als "linke", aber anders als in der Berichterstattung häufig suggeriert, ist der Linksextremismus gewalttätiger als der Rechtsextremismus. Auf das Konto der Linksextremisten gingen im vergangenen Jahr 1.247 Gewaltdelikte, auf rechtsextreme Gesinnung lassen sich dagegen laut Innenministerium 1.054 Gewalttaten zurückführen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl bei linksextremen Gewaltverbrechen um 3,1 Prozent, die der rechtsextremen sank um 5,5 Prozent. Und auch im Jahr 2006 lag die absolute Zahl der linksextremen Gewalttaten höher als die der rechtsextremen.

Bringt man also bei beiden Phänomenbereichen die Zahl der Gewalttaten in Relation zu den Gesamtstraftaten, ergibt sich folgendes Bild: Weniger als jede sechzehnte "rechte" Strafttat ist ein Gewaltdelikt, während bei fast jeder vierten von Linksextremen begangenen Straftat Gewalt mit im Spiel ist. Dazu heißt es in der offiziellen Mitteilung des Ministeriums: "Für den Phänomenbereich der 'Politisch motivierten Kriminalität - links' war nicht nur - wie bereits in den Vorjahren - die höchste Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zu den anderen Bereichen zu verzeichnen; es handelt sich auch um die höchsten Werte, die seit Einführung des Definitionssystems überhaupt in diesem Bereich gemessen wurden."

Der Vollständigkeit halber muß jedoch auch erwähnt werden, daß laut dieser Statistik der prozentuale Anteil der Körperverletzungen an den Gewalttaten bei rechtsextrem motiviertem
Tathintergrund mit 86,7 Prozent am höchsten ist, während sie bei linksextremen Gewalttaten nur einen Anteil von 45,6 Prozent ausmachen. Dazu heißt es im Bericht: "Von den insgesamt 1.941 Personen, die durch politisch motivierte Gewalttaten körperlich verletzt worden sind, (waren) 61,7 Prozent Opfer rechter Gewalt." Allerdings räumt das Innenministerium auch ein: "Die in den Medien geäußerte Vermutung, die Brutalität der rechten Täter habe sich gegenüber dem Vorjahr erhöht, läßt sich statistisch allerdings nicht belegen." Tatsächlich sei die Zahl der Verletzten genauso rückläufig gewesen wie die Relation der Zahl der Verletzten zu der Zahl der Gewaltdelikte. Auch sei die "Zahl der politisch rechts motivierten Straftaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund" gegenüber dem Vorjahr um etwa 13 Prozent zurückgegangen, genau wie die derjenigen mit antisemitischem Hintergrund (um rund 6 Prozent).

Der Hauptanteil von linksextremistisch motivierten Straftaten im Jahr 2007 entfällt nach Angaben der aktuellen Statistik auf den Tatbestand der Sachbeschädigung (42,7 Prozent), bei den Gewalttaten "von links" dominieren hohe Fallzahlen von Landfriedensbruch (22,5 Prozent) und Brandstiftung (11,9 Prozent).

Die auffällige Zunahme linksextremer Straftaten ist nach Ministeriums-angaben vor allem auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen am Rande des G8-Gipfels im vergangenen Juni in Heiligendamm zurückzuführen, beispielsweise bei Demonstrationen in Hamburg oder am 2. Juni in Rostock, wo "massive Gewalttaten insbesondere gegen Polizeikräfte verübt wurden". Als weiteren Aktionsschwerpunkt nennt der Bericht ein in der Öffentlichkeit oft unter den Tisch gekehrtes Phänomen linker Gewalt: "Daneben war das Straftatenaufkommen im Rahmen von Auseinandersetzungen mit dem rechten Spektrum wie in den Vorjahren anhaltend hoch."

Wahrscheinlich um sich nicht dem Vorwurf der "Verharmlosung" auszusetzen, milderte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) in seiner Pressemitteilung die Nachricht vom Rückgang "rechter" Straftaten gleich wieder ab: "Im Bundesdurchschnitt hat sich bei den rechten Straftaten die steigende Tendenz der Vorjahre zwar nicht weiter fortgesetzt. Doch ist der Rückgang der Zahlen so gering ausgefallen, daß wir von einer Trendwende im Bereich der politisch motivierten Kriminalität - rechts noch nicht sprechen können."

In diesem Sinne verfährt auch die Nachrichtenagentur ddp, deren entsprechende Meldung mit der Überschrift "Rechte Kriminalität bleibt hoch" einsetzt und erst im folgenden Absatz den immensen Anstieg linksextrem motivierter Straftaten erwähnt.

Foto: Linksextremisten greifen während der G8-Proteste Polizisten an: Massive Gewaltaten

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