© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/08 18. April 2008

Aufgeschnappt
Behörde der Laternenpfähle
Matthias Bäkermann

Die Zahlen von 2007 sind da. Auch das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg versorgt dieser Tage das Volk mit mehr oder weniger wichtigen Zahlen und Daten, die sich um Wirtschaft und Gesellschaft in der Hauptstadt drehen - wie jenen über die 470.000 offiziell mit Hauptwohnsitz an der Spree gemeldeten Ausländer. Diese kommen aus 184 Staaten und haben um 2.321 oder 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Während aus Australien und Ozeanien nur 1.743, aus Afrika 18.174 oder Amerika 25.691 Menschen in Berlin leben, sind aus Asien 68.384 Bewohner gemeldet, 13.960 sind staatenlos. Insgesamt machen die Ausländer an allen "melderechtlich registrierten Einwohnern Berlins" 14,0 Prozent aus. Alle Skeptiker, die an der Integration dieses knappen Siebtel Zweifel haben sollten, dürfte beruhigen, daß "drei Viertel Europäer sind", also nach landläufiger Meinung dem Abendland zuzuordnen und uns daher kulturell nahe sind.

Da die Statistik als Zusammenfassung bestimmter Methoden erklärt wird, "die Massenerscheinungen quantifizieren und interpretieren", stößt man denn auch beim genaueren Hinsehen auf eine interessante Lesart der Behörde. Zieht man nämlich die als Europäer deklarierten Türken (allein 113.779 ohne deutschen Paß) und Bewohner Rußlands östlich des Urals von den Europäern ab, kommen plötzlich mehr Ausländer aus Asien als aus der ganzen Europäischen Union (142.351). Der Schotte Andrew Land (1844-1912) meinte einmal, viele benutzten die Statistik wie ein Betrunkener einen Laternenpfahl - mehr zur Stütze des Standpunktes als zum Beleuchten. Das Amt für Statistik hat Berlin kaum heller gemacht.

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