© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/08 18. April 2008

Links- und Rechtsextremismus
Auf einem Auge blind
von Felix Krautkrämer

Daß Extremismus nicht gleich Extremismus ist, konnte man vergangene Woche erfahren, als die jährliche Bilanz der politisch motivierten Kriminalität vorgestellt wurde. Während die rechtsextremen Straftaten abgenommen haben, erreichten die linksextremen ein Rekordniveau. Die politisch motivierte Ausländerkriminalität mit extremistischem Hintergrund stieg sogar um über 56 Prozent.

Doch wer nun eine angemessene Reaktion des sonst überall eine Gefahr für die Demokratie witternden Politikbetriebs erwartet, der ist in der bundesrepublikanische Realität noch nicht angekommen. Schließlich kann nicht sein, was nicht sein darf. Und so diskutiert man lieber die Möglichkeiten eines wohl aussichtslosen NPD-Verbotsverfahrens, anstatt konsequent gegen Extremismus vorzugehen, egal an welchem politischen Rand er auftaucht. Und auch die mediale Öffentlichkeit versagt: Statt ihrem demokratischen Auftrag nachzukommen und die Politik auf die bestehende Schieflage hinzuweisen, zieht sie es vor, nach Sebnitz, Mügeln und Mittweida zum wiederholten Mal eine gesamte Stadt in Mitteldeutschland wegen als fremdenfeindlich gedeuteter Vorfälle vorschnell in moralische Sippenhaftung zu nehmen. Daß auch andere Gründe als die Hautfarbe eine Rolle gespielt haben könnten, warum die evangelische Pfarrersfamilie im thüringischen Rudolstadt nicht heimisch wurde, kommt dabei kaum einem in Sinn.

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