© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/08 11. April 2008

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Diskriminierung
Karl Heinzen

Die französische Börsenaufsicht AMF bezichtigt 17 Top-Manager des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS des verbotenen Insiderhandels. Ihnen wird vorgeworfen, im Juni 2006 ihren Wissensvorsprung über eine verzögerte Lieferung des Großraumflugzeuges A380 dazu mißbraucht zu haben, in ihrem Privatbesitz befindliche Aktien des Konzerns zu verkaufen, bevor nach Veröffentlichung der Meldung ein Kurssturz einsetzte. Die AMF wird nun ein Sanktionsverfahren eröffnen. Darüber hinaus werden voraussichtlich die Strafverfolgungsbehörden in Aktion treten.

Der juristischen Papierlage nach könnten sich die verdächtigten Manager wohl tatsächlich eines Vergehens schuldig gemacht haben. In ökonomischer Betrachtung jedoch ist ihnen kein Vorwurf zu machen: Sie haben schlicht und einfach den Gesetzen des Finanzmarktes konform gehandelt und versucht, ihren Nutzen zu optimieren. Hätten sie anders gehandelt, wären Zweifel an ihrem wirtschaftlichen Sachverstand und damit an ihrer Führungskompetenz angebracht gewesen.

In dieser "Affäre" offenbart sich aufs neue, wie wirklichkeitsfremd und vernunftswidrig die Kriminalisierung des sogenannten "Insiderhandels" ist. Wer an den Finanzmärkten spekuliert, kann auf lange Sicht nur erfolgreich sein, wenn er sich nicht bloß auf das Glück verläßt, sondern unablässig Informationen akquiriert, über die andere nicht verfügen, um diese dann durch entsprechende Käufe oder Verkäufe gewinnbringend umzusetzen. Es ist nicht einzusehen, daß ein Außenstehender, der Einblicke in kursrelevante Vorgänge in einem Unternehmen etwa durch Indiskretionen erhält, aus diesen Erkenntnissen einen Vorteil ziehen darf, während einem Manager der gleichen Firma, der diese Vorgänge in der Regel ja auch nicht selbst initiiert oder gestaltet, sondern allenfalls verantworten muß, die Hände gebunden bleiben.

Warum soll eine Führungskraft, die einen geschäftlichen Mißerfolg erleidet und daher um ihren Job bangen muß, auch noch dadurch bestraft werden, daß durch den Wertverlust des eigenen Aktienpakets, das er nicht rechtzeitig abstoßen darf, die privaten Rücklagen schwinden?

Das Verbot des Insiderhandels schädigt jene, die den Unternehmen nahestehen und ihre Geschicke lenken, und stärkt einseitig die unverantwortlichen und nicht weiter involvierten Investitionsjongleure, für die Firmen und die in ihnen arbeitenden Menschen nichts als Anlageobjekte sind. Diese Diskriminierung zu beenden, wäre ein geeigneter Schritt, um der Klage gegen "Heuschrecken" Taten folgen zu lassen.

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