© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/08 21. März 2008

DVD: Doku
Horrortrip
Werner Olles

Haiti im Februar 2004. Gegen die heranrückende Rebellenarmee und die landenden UN-Truppen aus den USA und Frankreich mobilisiert Präsident Aristide, ein ehemaliger römisch-katholischer Priester, seine treuesten und gefährlichsten Anhänger, die Gangs von Cité Soleil, dem größten Slumvorort der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince. Über 400.000 Menschen leben hier zusammengepfercht in billigen Wellblechhütten, beherrscht von den "Chiméres", den Schimären, wie die Banden genannt werden. Schwer bewaffnet und zugekifft mit Haschisch, sind sie auf einen Befehl ihrer Anführer immer bereit zu töten oder zu sterben.

Der dänische Filmemacher Asger Leth dokumentiert in "Ghosts of Cité Soleil" das Leben dieser Männer und halben Kinder, ihre letzten Tage zwischen Drogen, Waffen, Hip-Hop, Sex, Gewalt und Vodoo-Magie. Ahnend, daß sie nicht mehr lange zu leben haben, nehmen ihn die Protagonisten mit auf ihrem Horrortrip durch die Hölle des Bürgerkriegs an diesem Ort ohne jede Hoffnung, den die UN nicht ohne Grund als den "gefährlichsten Ort der Welt" bezeichneten. Nachdem in den fünfziger und sechziger Jahren "Papa Doc" Duvalier, Haitis "Präsident auf Lebenszeit", mit seiner grausamen Geheimpolizei, den "Tonton Macoutes", und mit spiritueller Hilfe der Voodoo-Priester, der Houngans, und nach seinem Tod Anfang der Siebziger sein Sohn "Baby Doc" das Volk geknechtet und ausgeplündert hatten, richtete sich die ganze Hoffnung der Haitianer auf Aristide.

Doch trat dieser schon bald in die Fußstapfen seiner Vorgänger und ließ Oppositionelle zusammenschlagen, verhaften und foltern. Zwar mußte er nach einem Militärputsch in die USA flüchten, als sich jedoch auch die Militärs als unfähig und korrupt erwiesen, kehrte er nach Haiti zurück. Als "Hoffnung der Armen" begeistert gefeiert, begründete Aristide erneut ein Schreckensregime, dem die Schimären als willfährige und jederzeit mobilisierbare Schläger- und Mörderbanden bis zur letzten Konsequenz treu ergeben waren.

Der Film endet mit dem endgültigen Sturz des demagogischen Priester-Präsidenten. Während einigen Anführern der Schimären die Flucht in die benachbarte Dominikanische Republik gelingt, werden die restlichen entwaffnet oder bringen sich gegenseitig um. Bis heute gehört Haiti zu den ärmsten Ländern der Welt, über 80 Prozent der Haitianer, die Nachkommen afrikanischer Sklaven sind, leben in unvorstellbarer Armut.

Als Extras bietet die DVD lediglich eine Trailershow und einen Kinotrailer. DVD "Ghosts of Cité Soleil", Ascot Elite, Stuttgart 2008, Laufzeit: 86 Minuten

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