© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/08 21. März 2008

Aufgeschnappt
Gebührenstreit im Funkloch
Matthias Bäkermann

Rettersburg liegt in etwa 300 Metern Höhe in der Keuperhügellandschaft Berglen, einem westlichen Ausläufer des Welzheimer Waldes im Rems-Murr-Kreis. In dieser abgelegenen schwäbischen Idylle nur 25 Kilometer östlich der Regiopole Stuttgart wohnt die Familie Schelling, die seit der Umstellung auf digitales Fernsehen nur noch auf eine schwarze Mattscheibe schaut. Da Rettersburg nicht verkabelt ist, bliebe zum Fernsehempfang nur die Satellitenschüssel, da selbst eine "Set-Box" keinen Empfang im Funkloch gewährleistet.

Die Schellings sind jedoch nicht derart TV-fixiert, daß sie ihr Eigenheim mit einer Schüssel verschandeln wollten. Kurzerhand kündigten sie der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) und zahlten nur noch für das mit Empfang gesegnete Radio. Die öffentlich-rechtlichen Kassierer der GEZ wollten diesen Schritt nicht einsehen und verlangten weiterhin die volle Gebühr, denn "es kommt nicht darauf an, ob und in welchem Umfang Programme tatsächlich empfangen werden", berief sich die Kölner Behörde auf den Rundfunkstaatsvertrag. Schließlich gebe es einen Fernseher bei den Schellings, und ein Rundfunkempfang ließe sich damit "ohne besonderen technischen Aufwand" möglich machen. Der Streit dauerte viele Monate. Erst als die Schwaben auf einen wohlmeinenden Rat hin ihren Fernseher verschenkten, akzeptierte die GEZ die Abmeldung. Bezüglich der Gebühren zwischen Kündigung und Verschenkungsakt in Höhe von 192,62 Euro zeigten sich die Geldeintreiber aus der ersten und zweiten Reihe jedoch uneinsichtig und drohten noch vor Ostern eine Zwangvollstreckung an.

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